garry_11938261Ich ...
... habe selbst genug Phasen mit kaum noch beherrschbarer Todessehnsucht durch und nicht wenige. Ziemlich wahrscheinlich werden weitere folgen. Ich würde Selbstmordgefahr niemals als "fischen nach Aufmerksamkeit" und "macht er / sie sowieso nicht" abtun, ich weiss zu gut, dass Depressionen schlicht und einfach eine lebensbedrohliche Krankheit sind.
Gar keine Frage.
Mir muss die Fälle niemand nennen, ich war oft genug kurz davor, einer zu werden.
Wir haben selbst ein Kind - ich kann Kindesgefährdung auch nicht auf die leichte Schulter nehmen, das hätte ich vielleicht mit 18 gekonnt, mit 39 ist es mir nicht möglich.
Aber jemanden, der etwas tut, in dessen direkter und unmittelbarer Folge ich rechtlich entmündigt würde - ich würde es nie vergessen, nie verzeihen. Nicht verzeihen wollen und nicht verzeihen können. Niemals. Das tut man dem ärgsten Feinde nicht an. Daher: ja, definitiv moralisch inkontinent.
Das heisst nicht, dass ich die Gefährdung ignorieren wollte / würde. Das habe ich auch nie gesagt. Nur diesen Weg finde ich völlig untragbar.
Der letzten Mitpatientin mit einer solchen Geschichte bin ich vor rund 3 Jahren in einer Klinik begegnet - war bei ihr damals weniger als ein Jahr her und sie war panischer deswegen als ich mit der Erfahrung von einigen Klinikaufenthalten jemals einen Menschen gesehen habe. (Ich habe selbst eine Angst- und Panik-Störung und leider keine kleine - also mein "Grundmassstab" ist da nicht mickrig). Die hat sich nicht getraut, ehrlich darüber zu sprechen, wie es ihr geht, so sehr hat ihr das "geholfen".
Der vorletzte Fall war etwa 3/4 Jahr davor (also das Ereignis, nicht der Bericht darüber). Jemand, mit dem ich mich häufig online getroffen und unterhalten habe, verschwand plötzlich. Ohne Erklärung, ohne alles. Da ich wusste, wie es um ihn stand, habe ich ziemlich Wellen geschlagen - dann von Verwandten erfahren, dass er "wieder in der Klinik ist" - da war ich eigentlich wieder beruhigt. Bis ich einige Monate später eine EMail erhielt, dass er sich nicht mehr melden könnte, sein Vormund hat verfügt, dass er kein Internet mehr braucht. (und mehr von der Geschichte, die ich hier nicht weiter schreiben will) - weitere 3 Monate später erfuhr ich von gemeinsamen Bekannten, dass er sich das Leben genommen hat.
Der erste ... sollte rund 13 Jahre her sein.
Keine Ahnung, ob das die "finsteren Zeiten" waren.
Meine Familie hat sich vor einigen Monaten erkundigt, ob eine Zwangseinweisung ohne Entmüdigung mit dem Aufenthaltsbestimmungsrecht des Angehörigen, was in der Patientenverfügung festgelegt ist in diesem Falle, möglich ist. Antwort: Nein, für den Patienten wird bei Zwangseinweisung das Entmündigungsverfahren eingeleitet, dann liegt es in der Entscheidung des Richters. Zitat: "Das machen wir bei Zwangseinweisungen immer so".
Das macht mir natürlich Mut, zu wissen, dass meine eigene Familie diesen Plan auch grundsätzlich hat, auch wenn es da nicht um mich ging. Vielleicht bin ich das nächste Mal dran.
Ja, es sind "wenige Fälle", die ich kenne - aber der Eindruck, den die hinterlassen haben und die Vorstellung, ich könnte das Recht verlieren, über mich zu bestimmen, weil jemand in einer Phase mit Todessehnsucht mir gerade "helfen will" oder sich hilflos fühlt oder warum auch immer so etwas einleitet, ist für mich der absolute Horror. Zugegeben, das beeinflusst beides meine Meinung sehr.
Also nein, der "Regelfall" ist mir bei meiner eigenen Odysee durch diverse psych. Kliniken in verschiedenen Städten und Bundesländern auf der ebenso verzweifelten wie vergeblichen Suche nach Hilfe, die mich dort hin geführt hatte, wohl einfach noch nie begegnet.