Hallo ihr Lieben,
ich bin ein sehr dominanter Mensch, ich nehme Organisationen gerne selbst in die Hand, weil ich mich nur sehr ungern auf andere verlasse, ich entscheide gerne alles, ja eigentlich bestimme ich gerne.
Ich ziehe gerne alle Aufmerksamkeit auf mich.
Ich mache oft derbe Witze oder gebe Geschichten preis, in denen ich mich mal wieder total blamiert habe. Nicht dass ihr mich falsch versteht: das ist ok. Ich finde es wichtig, dass man auch über sich selbst lachen kann und ich schäme mich nicht dafür, etwas falsch gemacht zu haben oder mal wieder in ein Fettnäpfchen getreten zu sein.
Nur was bei allem oft zu kurz kommt ist meine weibliche Seite.
Ich bin kein zierlicher Mensch, aber auch nicht dick. Ganz normal eben, sogar einigermaßen sportlich. Aber ich habe oft das Gefühl, dass mich andere als eine harte Frau, die sich überall durchbeißt und mit der man sich lieber nicht anlegt, empfinden.
Z.B. fällt es mir manchmal schwer zu erzählen, dass ich mich verliebt habe. Das kommt mir manchmal zu "mädchenhaft" vor. Als würde das gar nicht zu mir passen... als müsste ich mich für solche Gefühle schämen.
Viele meiner Freundinnen sind typische Mädchen. Lieb und wohlerzogen, fleißig, zurückhaltend, zierlich, verletzlich.
Doch ich scheine stets den Eindruck zu erwecken keine Gefühle zu haben. Als wär ich kalt und berechnend. Als könnte man jeden Scherz mit mir machen und mich kritisieren wo es nur geht. Alle denken wohl: "Die ist so vorlaut und frech, sie macht auch selber oft Scherze über sich - die verträgt das sicher!"
Sie haben ja auch Recht: sehr zu Herzen nehme ich mir das nicht, wenn Freunde auch mal über mich lachen... das ist in Ordnung und oft bringe ich wirklich unüberlegte Sachen, bei denen es sich einfach nur so anbietet herzhaft drüber zu lachen. Ich lache dann mit. Mein Gott, was ist da schon dabei?!
Aber worum es eigentlich geht:
oft haben gerade Männer nicht den Respekt vor mir, den sie vor anderen Frauen haben, weil ich offensichtlich zu männlich wirke.
Bei meinem Ex-Freund war es genauso. Er war so behutsam im Umgang mit anderen Mädels - typischen Mädels. Die viel über Schminke und Musik, Liebe usw. reden. Die auch stets zeigen, wie verletzlich sie sind.
Mir gegenüber war er nie so sensibel, weil er davon ausging, dass ich hart bin und jeden Scherz über mich locker und leicht wegstecke.
Er hat mich vor anderen auch nie so verteidigt, wie man es von seinem Freund erwarten würde... weil ich eben irgendwie ein Einzelkämpfer bin.
Dieser Beschützerinstinkt kam bei ihm gar nicht raus.
Aber das ist es, was ich mir eigentlich in einer Partnerschaft wünsche. Man muss sich durch das ganze Leben schlagen, wenigstens in der Partnerschaft will man sich mal fallen lassen. Ich möchte einen Mann mit "starken Armen", der mich beschützt und zu mir steht. Keinen, der im Hintergrund mitlacht, während sich mal wieder jemand über mich lustig gemacht hat.
Wisst ihr, ich bin nicht der aller beliebteste Typ. Wenn sich einer in der Gruppe köstlich über mich amüsiert, steigen die anderen gerne mit ein. Grenzen verlieren sie dann schnell aus den Augen. Sie wollen mich nicht bewusst verletzen, sie denken gar nicht darüber nach, was sie eig. machen. Ich bin im Freundeskreis sehr oft "Witzfigur", die man leicht mal verarschen kann, weil sie es sich ja eh nicht zu Herzen nimmt. Weil man bei ihr doch eh keinen Schaden anrichten kann - die kann das ab.
Ich bin an seinem Verhalten größtenteils selbst Schuld: ich gebe Menschen das Gefühl, dass an mich so leicht nichts ran kommt, dass ich Scherze leicht wegstecke...
Alles wäre so viel leichter, wenn ich ein ganz "normales" sensibles Mädchen wäre, das man behutsam anpacken und beschützen muss.
Aber so will ich auch nicht nach außen wirken. Ich bin stark, ich habe dadurch sehr viel erreicht. Zähne zusammen beißen, viel an sich abprallen lassen und "Augen zu und durch". Ich bin stark - aber ich will nicht das Gespött der Leute sein. Ich will auch als Frau wahrgenommen werden.
Nur in der Partnerschaft möchte ich nicht immer stark sein müssen: will ich mich nicht beweisen müssen. Will weich sein dürfen. Verletzlich. Will auch mal weinen können. Will aufgefangen werden. Will mich auf meinen Partner zu 100 Prozent verlassen können. Will wichtige Entscheidungen ohne schlechtes Gefühl ihm überlassen können. Will mich komplett öffnen können, weil ich weiß, dass er das nicht ausnutzt.
Man könnte mich als angehende harte Geschäftsfrau beschreiben. Aber hab ich das Los gewählt, dafür meine Weiblichkeit und den Respekt vor einer Frau, den Männer haben, einbüßen zu müssen? Weil ich eben zu hart und nicht weiblich genug wirke?
Muss ich mich öfter verletzlich zeigen, damit die Menschen nicht vergessen, dass auch ich weinen kann?!
Haben Männer Angst vor mir, weil sie sich in meiner Gegenwart nicht männlich genug fühlen? Verschrecke ich sie?
Versteht mich nicht falsch: ich kleide mich gern modebewusst, schminke mich gerne, mach mir die Haare etc. Nur mein Charakter ist eben hart.
Ich würde mich als "harte Schale - weicher Kern" beschreiben. Aber warum vergessen alle den Kern? Selbst Freunde, die mich lange kennen.
Wisst ihr: ich verstelle mich ja nicht. Ich bin ein Mensch, der gerne alles kontrolliert. Aber warum finde ich nicht den Mittelweg, warum bleibt meine Weiblichkeit auf der Strecke?
Assoziieren wir "Durchsetzungsvermögen" automatisch mit Männlichkeit?
Über eure Meinungen, offene Fragen, Unklarheiten etc. würde ich mich sehr freuen.
ErdbeerQuark