Hallo,
die ganzen Forenbeitrage handeln hauptsächlich von akuter neuer Trauer und ich würde gerne mal wissen, was andere für Erfahrungen gemacht haben, wie lange sich Trauerprozesse hinziehen.
Mein Freund (und große Liebe) ist vor einem Jahr an Krebs gestorben. Wir sind erst durch die Krankheit nach der Diagnose zusammengekommen, dadurch wußte ich von Anfang an, daß das Glück nur von kurzer Dauer sein würde. So verrückt es sich anhört, die gemeinsamen 8 Monate waren geprägt von Lebensfreude, Glück, Unbeschwertheit und Liebe. Ich denke, daß das der Grund dafür ist, daß ich das erste Trauerjahr gut überstanden hab: weil ich wußte, daß Schmerz, Trauer, Wut, Tränen, Verlust nie so schlimm wären, wenn es nicht viel bedeutetet hätte - es war irgendwie verbunden mit ganz viel Liebe und Gefühl, das immer noch so präsent war. Die ersten Monate war ich völlig in meiner eigenen Welt von Schmerz und Gefühl gefangen - mit vielen Gesprächen mit Freunden, Verwandten usw., mit viel Rückzug, Träumen, Erinnern, Tagebuch nachträglich schreiben. Andererseits hat er mir auch soviel dagelassen als ob sein Feuer in mir weiterbrannte hab ich mich auch in Aktivitäten gestürzt: mein Freund war sehr engagiert im Sportverein und ich habe mich in ähnliches hineingestürzt: hab den Schiedsrichter -Ausbildung gemacht, angefangen, eine Jugendmannschaft zu trainieren und so. Wir haben sogar ein Gedächtnisturnier veranstaltet. Das war das erste Jahr. Und irgendwie dachte ich immer, ich muß nur das erste Jahr rumkriegen, dann wird alles so langsam besser. Das ist aber überhaupt nicht so: im Gegenteil!! Nach dem 1. Jahrestag/Todestag bin ich in so ein furchtbares Loch gestürzt und in dem sitze ich nun schon sechs Wochen und komme nicht wieder raus. Hatte ich vorher diese ganze Trauer/Gefühle-Energie genutzt fühle ich mich nur noch leer, ohne einen Funken an Gefühl. Ich muß immer noch täglich an ihn denken, weine auch wieder öfter und frage mich, hört das denn nie auf?? Und ich frage mich auch: wie viel loslassen muß ich lernen, wieviel darf ich behalten? Ist es langsam an der Zeit seine Zahnbürste in den Müll zu schmeissen, die bei mir eingelagerten Wechsel-Unterwäsche und Socken rauszuwerfen? Macht es einen Unterschied, ob ich in seiner oder meiner Bettwäsche schlafe? In diesen ganzen bescheuerten Trauerphasen-Theorien wird immer geschrieben, daß man irgendwann in dankbarer Erinnerung zurückblicken kann und der Schmerz nachläßt. Ist das so??? Ich hab das ganze Jahr den Einklang von Schmerz und schöner Erinnerung erlebt, ja auch Dankbarkeit darüber, daß man eine einzigartige unglaubliche, intensive magische Zeit erleben durfte. Jetzt habe ich das Gefühl, daß er ganz weit weg ist, ich ihn verloren hab, die Erinnerung wird blasser - er ist nicht mehr greifbar, mein Gefühl für ihn spüre ich nicht mehr - aber der beschissene Schmerz ist geblieben!! Und woher weiß ich, daß das immer noch Trauer ist und keine tiefe Depression darüber, daß es noch 10 andere Baustellen im Leben gibt, mit denen man nicht klar kommt? Im Moment komme ich gar nicht klar. Ich weiß, daß Trauer in Schüben kommt, aber läßt das irgendwann mal nach???