Soziale Phobie
Hi, Merrit!
Hier meine ausführliche Antwort als Nichtbetroffene, die aber einige schüchterne Menschen kennt:
Hinter der Sozialen Phobie steckt meiner Ansicht nach, die Angst, nicht gut genug zu sein, Fehler zu machen etc.
Du schreibst, es läge nicht an Deiner Kindheit, dass Du schon immer Außenseiterin gewesen bist. Das sehe ich anders.
Was Dir fehlt, ist offensichtlich eine gehörige Portion Selbstvertrauen - nicht zu verwechseln mit gnadenloser Selbstüberschätzung.
Das Urvertrauen, das wir als Kinder entwickeln, lebt in uns weiter als Selbstvertrauen. Es ist die Basis für unseren Umgang mit uns selbst und anderen Menschen. Können wir uns z. B. nicht bedingungslos auf unsere Eltern verlassen oder muten sie uns zuviel/zu wenig zu, dann entwickeln wir ein Urmisstrauen.
Eltern, die ihre Kinder überbehüten und ihnen alle Steine aus dem Wege räumen, mindern deren Selbstwertgefühl ebenso wie Eltern, die ihre Kinder emotional vernachlässigen. Das Ergebnis ist das Gleiche: beide trauen sich nichts mehr zu.
Du hast je bereits herausgefunden, dass Dein Status als Außenseiter mit Deinem eigenen Verhalten zu tun hat. Damit bist Du weiter als andere, die alles auf ihre Mitmenschen projizieren, was in ihrem Leben schief läuft. Allerdings musst Du auch nicht alle zwischenmenschlichen Probleme auf Dich beziehen, denn Deine Mitmenschen verhalten sich nicht alle "1a".
Dennoch: jeder muss sich an die eigene Nase fassen, wenn er unzufrieden ist.
Daher ein paar Tipps:
1. Sieh Dir einmal die selbstbewussteren und beliebteren Leute aus Deinem Umfeld an. Wie bewegen sie sich? Wie gehen sie auf andere Menschen zu? Was machen sie anders als Du?
2. Dann frage Dich, wer oder was Dich daran hindert, zu Dir zu stehen und ebenso selbstsicher aufzutreten wie diese Leute.
Du wirkst nicht selbstsicher, wenn Du sein willst wie andere oder wie "alle", sondern nur, wenn Du Dich selbst gut leiden kannst.
3. Erstelle eine Liste all dessen, was Du an Dir magst, was Du gut kannst und schreibe auch auf, was andere an Dir mögen, wofür sie Dich schätzen etc.
4. Arbeite Deine Stärken heraus. Mache Dir bewusst, dass Du nicht schlechter und nicht besser bist als jeder andere Mensch, sondern dass das allein auf Deinem Gefühl beruht.
Vor dem Spiegel kannst Du ausprobieren, wie Du wirkst, wenn Du an Deine Schwächen denkst und wie, wenn Du Dir NUR Deine Stärken klar machst.
5. Gehe jeden Tag mit Deinen Stärken "im Gepäck" unter Menschen und übe Situationen, die Dir schwer fallen, wie z. B. Fremde anzusprechen und nach dem Weg zu fragen etc.
Vielleicht kennst Du das: wir machen ein oder mehrere Male eine schlechte Erfahrung und rechnen (oft unbewusst) damit, dass wir beim nächsten Mal wieder scheitern. Dann scheitern wir auch mit Sicherheit.
Wenn Du lockerer Dir gegenüber bist und Dir Deine Schwächen verzeihst, dann erst kannst Du locker im Umgang mit anderen werden. Selbst Absagen und "Körbe" sind dann kein Problem mehr.
Viel Glück!
Spreediva