Hey,
ich bin Merle, 28 Jahre alt.
Fast ein Jahr ist es jetzt her, das ich missbraucht wurde, genötigt wurde, wie auch immer man es nennen will. Es hat kein Geschlechtsverkehr statt gefunden, deswegen wurde ich nicht als Vergewaltigung eingestuft. Alles andere war wohl genauso abartig.
Diese Nacht hat mein Leben verändert, besonders der Rattenschwanz, der danach kam.
Ich hatte den Mut, den Typ, ich kannte ihn, anzuzeigen.
Die Welt möchte solche Fälle wie mich am liebsten unter den Teppich kehren, da "ja nichts passiert ist". Ist es aber doch und ich rede nicht von Worten, die mich fertig gemacht haben.
Die Polizei tut alles, um den Täter gut dastehen zu lassen, die Opfer werden wie ein Stück Dreck behandelt. Fehler werden begangen, die hätten nicht passieren dürfen. Beispielsweise werden Proben vernichtet, die Beweise untermauern könnten. Insbesondere die der K.o.-Tropfen. Nur knapp zwei Wochen nach meiner Anzeige wurden diese wichtigen Beweise vernichtet. Verstehen kann ich dies bis heute nicht.
Mitgefühl kam mir nie entgegen.
Die Justiz ist scheinbar zu beschäftigt, um solchen Fällen nachzugehen. Wahrscheinlich ist mein Fall zu nichtig. Er wird zu den Akten gelegt, bevor etwas unternommen wird.
Freunde lernt man in solchen Situation am besten kennen. Das ist einfach, denn sie ziehen sich aus der Affäre und waren nicht mehr gesehen.
Für Frauen, die so etwas durchleben müssen, bricht eine Welt zusammen. Es muss nicht immer zum äußersten kommen, um schlimm zu sein.
Monatelang habe ich mich still verhalten und zugeguckt, wie sich alle abwenden.
Was hätte passieren sollen, damit man die Augen aufmacht?
Missbrauch sieht man nicht, wie blaue Flecken oder Verletzungen. Es zerstört innerlich. Vielleicht ist das der Grund, warum die meisten nicht wissen was sie machen sollen. Es ist nichts "offensichtliches".
Ich möchte die Menschen aufrütteln, ihnen zeigen, was um sie herum geschieht.
Ich habe ein Buch geschrieben, was meine Geschichte erzählt. Alles ist so passiert, wie es dort steht. Alle Personen, alle Worte, alle Geschehnisse sind wahr. Nur Namen habe ich verschleiert.
In erster Linie habe ich es für mich geschrieben. Schreiben wurde zu einer Therapie für mich. Es tat gut, da ich so verarbeiten und noch einmal reagieren konnte.
Wenn ich es jetzt noch schaffe, andere mit meinen Worten zu erreichen, hätte ich für mich gewonnen. Frauen und Männern, denen so etwas auch passiert ist, müssen lernen aufzustehen und sich zu wehren. Man versucht uns mundtot zu machen, doch das kann ich nicht zulassen. Wir sind keine Aussätzigen, auch wenn wir so behandelt werden.
Ich weiß, es ist ein Nischenthema und die Gratwanderung ist groß. Wo fängt Missbrauch an, wo hört er auf?
Nur wenn ans Licht kommt, wie oft so etwas passiert, kann etwas unternommen werden. Ich habe meine Geschichte bereits an verschiedene Institutionen geschickt. Die Resonanz ist verhalten. Ich denke aber es ist wichtig anderen Mut zu machen, die das gleiche durchlebt haben wie ich.
Ich bin ein niemand, ich bin nicht reich, kann mich nicht selbst verlegen und ich bin nicht berühmt. Ich wurde nur missbraucht.
Ich habe heute einen Blog gestartet, der mir hoffentlich hilft Menschen zu erreichen. Dort findet ihr auch einen Link zu meiner Geschichte.
http://merlesartdamitumzugehen.blogsp ot.de/
Lest und realisiert, was so alles passiert. Ich wäre froh, wenn ich so ein paar Bloggerfreunde finde und endlich wachrütteln oder helfen kann.
Danke im voraus.