Oder an einen
der Ihr helfen will und weiß, dass er sie dafür weder in Watte packen noch anzeigen sollte.
Für den zweifelaft ist, ob "eine tolle Kindheit" so eine verzweifelte Suche nach Aufmerksamkeit hinterlassen würde, für den klar ist, dass "immer gut zu essen, nicht geschlagen und nicht vergewaltigt und viel Geld für sie ausgegeben" nicht automatisch "eine tolle Kindheit ist".
Für den Selbstverletzung und "Lügengeschichten" ein Ausdruck seelischer Schmerzen sind und nicht die Frage hochkommen lassen, wie man ihr das Kind wegnehmen und sie schön sicher wegschließen kann.
Ja, es ist richtig, immer schön bedauern oder entrüstet sein ist der falsche Weg. Abgrenzen ist in jedem Falle besser.
Vielleicht findet sie auch ihren Weg, wenn sie nicht mehr das Gefühl hat, bei der Familie nach dem suchen zu müssen, was sie dort doch nie erhalten wird. Nicht nur Aufmerksamkeit, wenn ich das als Laie mal sagen darf.
Sie ist für ihr Leben selbst verantwortlich, auf jeden Fall.
Sie kann es nur selbst ändern, auf jeden Fall.
Aber ich glaube nicht, dass sie allein dorthin gekommen ist, wo sie ist.
Dazu kommt mir die Geschichte zu bekannt vor.
Teilweise, weil ich hätte genau da landen können.
Zu meinem Glück ist Aufmerksamkeit von Menschen, die ich nicht nur virtuell kenne, das letzte was ich will - bei mir hat die "tolle Kindheit" in diesem Punkt die gegenteiligen Spuren hinterlassen.
Nein, mir hat keiner was getan. Ich wurde nicht geschlagen, nicht vergewaltigt. Meine Omi war ein wunderbarer Mensch, meine Mutter hat nie Kosten gescheut, um mir Wünsche zu erfüllen und viel mit meiner Schwester und mir unternommen. Auch ihr Mann war nie irgendwie böse zu uns. Sie tut auch heute noch alles, was ihr notwendig erscheint, um uns zu helfen. Sie ist kein böser Mensch. Beide sind ganz sicher nicht die Menschen, die man wegen Vernachlässigung der Kinder anzeigen würde.
Ich spreche trotzdem fast nie über meine Kindheit. Ich sage, wenn ich gefragt werde, dass ich eine glückliche Kindheit hatte, aber das ist rational wohl nicht haltbar. Manchmal kann ich es mir eingestehen, manchmal nicht, manchmal endet es mit Narben auf meiner Haut, wenn ich darüber nachdenke.
Meine Familie halte ich seit so 10 Jahren auf Distanz, so gut es geht, leider geht es nicht immer gut.
Die sind sicher auch alle samt der Meinung, dass ich ein genauso schlechter Mensch bin (aus tiefster Überzeugung).
Mit anderen Gründen, ich bin seit fast 15 Jahren mit meinem Mann zusammen, fische nicht nach Aufmerksamkeit und bin gut und anerkannt in meinem Job, aber der Tenor wäre der gleiche.
Natürlich sind sie auch sicher, dass ich unser Kind vernachlässige.
Zu meinem Glück habe ich inzwischen herausgefunden, dass deren Sicht nicht das Maß der Dinge ist und auch die Familie irren kann, auch wenn sie das alles wirklich glauben und nicht "Lügengeschichten erfinden". Zu meinem Glück habe ich schon lange Menschen gefunden, die mir gezeigt haben, dass ich nicht das bin, was meine Familie in mir so überzeugt sieht.
Erst damit habe ich meinen Weg aus dieser Situation gefunden. Nicht, weil mich jemand angezeigt hat oder mir gezeigt hat, dass ich "asozial" bin, sondern damit, dass ich begonnen habe zu akzeptieren, dass auch das, was andere für eine "tolle Kindheit" halten, vielleicht doch keine war.
Das war im übrigen so ziemlich das Einzige, was diese "professionelle Hilfe" für mich getan hat. Keine Therapie hat je mein Leben, mein Krankheitsbild oder meine Lebensqualität verbessert.
Sie hat die Schmerzen in mir nicht gelindert, die Narben auf meiner Seele nicht geglättet, mir nie gezeigt, wie ich mit meinen Gefühlen umgehen kann ohne ständig alles zu zerschlagen, das habe ich später selbst gelernt.
Aber immerhin bin ich dazu gekommen, in Frage zu stellen, dass meine Familie recht hat.