Ich bin 41 Jahre, verheiratet, habe 2 Kinder und bin selbstständig. Im Januar habe ich meinen Vater in den Tod begleitet. Es war heftig, aber ich konnte ihm noch sagen, dass ich ihn liebe. Er hatte Krebs, wenige Wochen später ist mein Schwiegervater verstorben. Meine Mutter, die während der Krankheit und Pflege oft böse über meinen Vater gesprochen hat) war schon immer psychisch angeschlagen, manchmal verbittert und depressiv. Nach dem Tod meiner Oma vor 25 Jahren hatte sie Angstattacken, Schwindel und ist kaum mehr aus dem Bett gekommen. Borreliose war eine Diagnose und Nervengift in der ganzen Wohnung. Mein Vater war im Schichtdienst und ich oft überfordert und einsam. Das ging etwa 3 Jahre lang so, bis sie einen guten Psychologen gefunden hat, der sie zurechtgerückt hat. Damals hat sie in der Wohnung Zettel hinterlassen, mit dem Wunsch sterben zu wollen. Ich war 15 und konnte das nicht verarbeiten, da es auch keinen Kontakt mehr zu anderen Verwandten gab. Ihre Kinderheit war sehr traumatisch, wie bei vielen Kriegskindern, meine Geburt war traumatisch, sie musste notoperiert werden und hätte es beinahe nicht geschafft. Ich war oft krank und wurde sehr behütet, manchmal kontrollmässig und entwickelte einen ausgewachsenen Perfektionismus. Trotzdem hatte ich das Gefühl, wenig allein zu können und ihr nicht gewachsen zu sein. Ich war als Jugendliche oft deprimiert. Hab viel Zeit auf dem Friedhof verbracht.
Während der Krankheit meines Vaters brach alles wieder auf. Immer wieder hat sie betont, wie schlecht es ihr geht (Kopfschmerzen, Schwindel). Nach einem MRT war sie enttäuscht, dass es kein Tumor ist. Ich habe ihr angeboten, psychologische Hilfe zu suchen. Aber sie vertraut niemanden. Vor einem Monat ist es eskaliert.
Mein Mann war enttäuscht, dass sie nicht zur Beerdigung seines Vaters kam. Auch nicht die beste Reaktion, aber unsere Familie ist auch nur sehr klein und da wünscht man sich Zusammenhalt. An dem Tag als sie bei uns war, um Baby zu sitten, war er kurz angebunden. Ich habe mich mit ihr gut unterhalten und wur haben mit unserem Hund gespielt. Alles normal. Während ich sie mit dem Auto nach Hause gefahren habe, ist es aus ihr herausgebrochen und sie fing an, was denn mein Mann gegen sie habe. Das war schon völlig unangebracht, da wir seit 20 Jahren ein Paar sind. Ich meinte, dass er etwas enttäuscht war. Daraufhin ist sie völlig ausgerastet. Sie wolle unser Haus nicht mehr betreten, meinte, dass sie sich umbringen will (sie wisse auch schon wie), dass sie sich nicht wie der letzte Dreck behandeln lassen will, schließlich sei sie immer für uns da gewesen. Und dass wir das Erbe nehmen sollen, um uns ein schönes Leben zu machen. Zudem sei sie die einzige, die wirklich trauert und der es dabei schlecht ginge.
Es war wie ein Deja-Vue. Ich war so geschockt und verzweifelt. Hab immer wieder gesagt, dass wir ihr helfen, wenn sie uns sagt, wie. Als ich sie zuhause abgesetzt habe, hatte ich eine Panik-Attacke. Seitdem haben wir Kontaktabbruch. Nur die Kinder besuchen sie regelmäßig. (Zu denen ist sie normal. Überhaupt, seitdem diese da sind, ignoriert sie mich oft). Ich leide sehr darunter. Im Sommer habe ich ihr einen Urlaub spendiert und bin mit ihr weggefahren, nach dem Tod meines Vaters, haben wir sie 4 Wochen bei uns aufgenommen. Wir haben sie in eine 300 km entfernte Stadt begleitet, wo sie eine OP hatte. Ich versuche immer was zu organisieren, damit sie rauskommt und glücklich ist. Trotzdem betont sie oft, dass sie ja jetzt allein sei und ich kaum Zeit hätte. Das stimmt, aber ich habe ihr angeboten, dass sie jederzeit zu uns kommen kann. Mit 2 Kids und Haushalt ist das manchmal einfacher, aber das will sie nicht.
Sie ist nur zu mir so. Ich bekomme alles ab. Und wenn ich ihr sage, wie sehr mich das mitnimmt, glaubt sie mir das nicht. Ich hätte doch schließlich alles. Haus, Mann, Job, wobei ich manchmal nicht in der Lage bin zu arbeiten, weil's es mich so fertig macht. Sie ist schnell enttäuscht (wenn ich z. B. Nachbarn um Hilfe bitte statt sie zu fragen), hat uns ne zeitlang gestalkt (am Haus oder an der Kita vorbeigefahren), noch nie was gegönnt (eine Kamera für 500 Euro? Ihr müsst ja Geld haben) und fängt gleich an zu mäkeln, wenn sie uns besucht (die Blumen müssen auch mal gegossen werden). Aber wenn es mir schlecht geht, ist sie wirklich immer zur Stelle und hilft. Ich traue mich nicht, einen Babysitter zu engagieren, weil ich sie nicht verletzen will, obwohl sie auch oft absagt, weil es ihr schlecht geht. Gestichelt hat sie schon immer gerne, was ja auch nicht gerade respektvoll ist. Aber sie meonte, dass müsse manchmal sein.
Jetzt steht Weihnachten vor der Tür. Ich war letztes Jahr von Herzen dankbar, dass die kranken Opas noch dabei waren. 11 Tage später, war mein Papa tot. Und ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Sie straft uns mit Verachtung, wenn wir die Kinder bringen. Das war schon immer ihr Prinzip, wenn ihr jemand quer kam. Die Kinder lieben sie und es bricht mir das Herz, wenn das Haus dieses Jahr leer bleibt. Und der Gedanke, dass ich eine Tochter bin, die ihre Mutter an Weihnachten allein lässt, macht mich fertig.:( wie geht's bloß weiter.