Hallo,
ich wende mich an dieses Forum, in der Hoffnung, dass man mir einen konstruktiven Ratschlag geben kann, weil ich nicht mehr weiter weiß, weil ich nicht mehr weiß, wie ich einem mir so wichtig und liebgewordenen Menschen helfen kann.
Ich habe Ende September 2013 über das Internet eine Frau kennengelernt und mich über einige Wochen ausgiebig in sehr langen Nachrichten mit ihr unterhalten. Natürlich wuchs mein Interesse an ihr und wir trafen uns auch nach ca. zwei Wochen. Es war ein absolut tolles Treffen, ich war sofort hin und weg von ihr. Allerdings bin ich recht schüchtern bzw. öffne ich mich fremden Menschen nur sehr ungern und habe eigentlich gar nicht versucht, dieses Treffen als "Date" zu sehen. Dafür bin ich in der Vergangenheit zu häufig enttäuscht worden. Wir schrieben mittlerweile jeden Tag über Whatsapp und sie sagte mir auch unmittelbar nach diesem Treffen, dass sie den Abend schön fand.
Ein paar Tage später lud sie mich zu sich ein und wir unterhielten uns lange und spielten X-Box (wir sind beide für unser Leben gern Gamer.). Auch das war sehr schön und ich hatte gar nicht das Verlangen, mich diesem Menschen NICHT zu öffnen. Es fühlte sich einfach richtig an. Nach ein paar weiteren Tagen war ich nochmal bei ihr. Wieder redeten wir lange und spielten X-Box und irgendwann lehnte sie sich einfach an mich und blieb so liegen. Ich legte den Arm um sie, es war einfach schön. Irgendwann küssten wir uns lange und ich besuchte sie daraufhin natürlich schnell wieder. Und es war wieder sehr schön. Wir machten unsere Beziehung im Oktober offiziell, ich war glücklich und sie allem Anschein nach auch. Was das Sexuelle anging, war ich allerdings ein wenig verunsichert. In der Anfangsphase rieb sie von selbst ihre Hand an meinem Schritt, und irgendwann bin ich natürlich auch zu solchen Aktionen übergegangen. Doch als ich mit meiner Hand über ihren Rücken leicht unter ihren Rockbund fuhr, hielt sie die Hand fest. Das war alles kein Problem für mich, ich bin niemand, der Grenzen überschreitet, und wenn es für sie nicht in Ordnung war, ist das völlig okay. Ich habe natürlich Angst gehabt, dass ich zu schnell an die Sache herangegangen bin, ich wollte die Beziehung zu diesem Menschen, der mir in kurzer Zeit so wichtig geworden ist, nicht gefährden. Am darauffolgenden Wochenende habe ich zum ersten Mal bei ihr übernachtet, und sie hat im Bett von selbst meine Hand an ihre intimen Stellen geführt. Wir hatten keinen Sex, aber es wäre dazu gekommen, wenn ich ein latexfreies Kondom dabei gehabt hätte (Ich dachte zu dem Zeitpunkt, dass ich allergisch auf Latex reagiere), da sie mir ein Kondom in die Hand drückte.
Ein paar Tage später kam es dann auch wirklich zum Sex, und ich stellte mich dabei nicht gut an, ich war zu nervös. Als ich sie irgendwann darum bat, ob wir nicht von der Missionarsstellung in eine Andere wechseln könnten (ich habe leider Probleme mit meinem Rücken seit einem Sturz in meiner Vergangenheit, die diese Stellung nicht sehr angenehm für mich machen), meinte sie, dass das schlecht sei und sie die Stimmung nicht kaputtmachen möchte. Das war auch völlig in Ordnung, ich wollte sie nie zu etwas drängen. So haben wir den Geschlechtsverkehr beendet und sind Arm in Arm eingeschlafen.
Ein paar Tage später erzählte sie mir dann, dass sie als Kind von einem damals engen Freund der Familie auf einem Billardtisch sexuell missbraucht wurde. Ich war völlig geschockt, aber sie sagte, dass sie mittlerweile gut damit klar kommen würde und sich sogar mit dieser Person unterhalten würde, es interessiere sie, was diesen Menschen in diesem Moment zu dieser Tat getrieben hat. Er verschwand irgendwann einfach und wurde, soweit ich weiß, auch nie rechtlich dafür belangt. Ich habe nicht weiter nachgefragt, weil ich es als große Ehre angesehen habe, dass sie sich mir so öffnet und ich es einfach nicht gut fand, in solchen Wunden herumzubohren. Wir hatten seit diesem Vorfall keinen Sex mehr, aber haben uns immer über unsere Hände und den Mund zum Orgasmus gebracht. Es wäre bestimmt zum Sex gekommen, wenn ich nicht so sehr Angst gehabt hätte, ihr wehzutun. Dann kam Silvester. Verständlicherweise hatte sie eine Abneigung gegen diesen Tag, aber sie meinte, dass ich gerne bei ihr übernachten kann, sie wird wohl nur recht früh schlafen gehen. So bekam ich einen Schlüssel von ihr und nachdem ich mit guten Freunden von mir ins neue Jahr gekommen bin, fuhr ich zu ihr. Sie lag tatsächlich schon im Bett und ich habe geglaubt, dass sie schläft. Sie sagte mir aber am nächsten Tag, dass sie wach war. Ich habe sie an diesem Tag so ruhelos und auch distanziert erlebt, dass ich es gar nicht in Worte fassen kann, was in ihr vorgehen musste. Aber das war für mich in Ordnung, ich habe nicht nachgebohrt und wollte einfach nur für sie da sein und sie zu nichts drängen.
Die nächste Zeit wurde sehr schön und auch sehr intensiv, ich wirklich gelernt, diesen Menschen zu lieben. Und ich hatte nie das Gefühl, dass sie es anders sehen könnte. Sie war dann am ersten Märzwochenende bei ihren Eltern, um auf ihre kranke Oma aufzupassen, damit ihre Eltern zu einer Veranstaltung fahren konnten, welche meine Ex-Freundin ihnen zu Weihnachten geschenkt hatte. Wir hatten auch da noch immer Kontakt über Whatsapp, wie auch die ganze andere Zeit zuvor. Und sie hat mir auch erzählt, dass ihre Oma viel Unruhe gestiftet hat, da sie dement ist. Ich habe ihr natürlich gesagt, dass ich hoffe, dass alles gut geht. Wir haben uns die Woche noch gesehen und am Wochenende war ich dann wieder bei ihr. Sie hat mir erzählt, dass sie aktuell viel Stress hat, die Arbeit würde ihr zu schaffen machen, und sie käme zu vielen Dingen nicht, die sie gerne machen würde. Ich zeigte natürlich Verständnis, schließlich ist sie mir wirklich unglaublich wichtig. Es hat mich aber trotzdem hart getroffen, dass sie auf einmal so ruhelos, kalt und distanziert war. Als wir schlafen gegangen sind, wollte ich den Arm um sie legen, wie ich es eigentlich immer getan habe, wenn ich bei ihr übernachtet habe, aber sie blockte sofort ab, ihre Haare seien frisch gefärbt, und ich würde die Farbe wohl nicht mehr abbekommen. Als ich sie anders berühren wollte, meinte sie, dass ich viel zu kalt sei. Ich habe da angefangen, mir Sorgen zu machen. Ich bin am nächsten Tag recht früh gefahren, um ihr den Sonntag über Zeit zu geben, da sie ja meinte, dass sie soviel vor habe. Abends dann hab ich sie vorsichtig über Whatsapp gefragt, ob denn alles in Ordnung zwischen uns sei, das Wochenende war ja ein wenig verkrampft. Am nächsten Morgen hab ich ihre Antwort erhalten: Sie glaube nicht, dass alles in Ordnung sei, sie meint, irgendetwas passt nicht. Aber Whatsapp sei keine Plattform für sowas. Das kann ich natürlich voll und ganz verstehen und habe sie gebeten, sich so schnell wie möglich zu treffen, damit man darüber sprechen kann. Ich war zu ihr immer ehrlich und habe sie auch gebeten, dass wir, sobald irgendetwas zwischen uns stehen sollte, das Problem ansprechen, damit wir es lösen können. Als Antwort kam dann, dass sie die Woche so gut wie keine Zeit hätte, nicht an dem aktuellen Tag (Montag), Dienstag, Mittwoch auch nicht, wenn überhaupt könnte es Donnerstag vielleicht klappen. Ich war völlig geschockt und erschlagen und merkte, wie meine kleine heile Welt unter meinen Füßen wegbröckelte. Sie schlug vor, das Ganze über Mail zu besprechen, wobei auch das keine Plattform sei. Aber ich stimmte ihr zu, weil ich nicht verstehen konnte, was da gerade passiert.
Als die Mail kam, war ich völlig erschlagen. Sie schrieb, dass es sich einfach nicht mehr so gut anfühlt, dass sie nicht weiß, wieso es so ist und dass dieses Gefühl auch erst seit einer, maximal anderthalb Wochen bestehe. Vielleicht sie sie zu vorschnell in diese Beziehung gegangen, sie habe aktuell aber auch nicht die Zeit und Energie zu kämpfen. Nun muss man sagen, dass ich jemand bin, der in der Vergangenheit so häufig enttäuscht wurde, dass ich zu diesem Zeitpunkt meinen Schutzschild hochgefahren habe (was wohl auch durch diesen Schock kam), und ihr natürlich schrieb, dass ich des vergebenen Kämpfens müde bin und auch keinen Sinn sehe, eine Beziehung zu führen, die so schnell für einer Seite kaputt ist. Sie war erleichtert, dass ich das so sehe und wir besprachen noch, wie wir uns die Dinge zurückgeben, die wir noch voneinander hatten. Sie wollte sie gerne per Post schicken und ich sagte ihr, dass ich sie am Donnerstag vorbei bringe. Damit war das Thema beendet. Dann fiel mein Schutzschild und ich brach völlig ein. Ich habe soeben gemerkt, was ich verloren hatte und war völlig zerstört. Dieser Mensch, der mir soviel bedeutet hatte und es noch immer tut, wirft eine so schöne Beziehung wegen eines Gefühls einfach so weg. Ich schrieb ihr am Mittwochmorgen eine Mail, in der ich ihr zeigte, wie es wirklich in mir aussah, ob man nicht hätte reden sollen, etc. Aber sie blockte ab, es hätte alles nichts geändert und das Problem der Gefühle bliebe bestehen. Daraufhin sagte ich ihr, dass ich ihr die Sachen auch per Post schicke, weil ich es wohl nicht ertragen könne, sie zu sehen.
Am Donnerstag fasste ich den Entschluss, ihr das Buch, was ich noch von ihr hatte, in den Briefkasten zu werfen. Hauptsache, ich würde nicht mehr an sie erinnert werden. Als ich nach meinem Spätdienst hingefahren bin, tat es einfach nur unfassbar weh, die vertraute Wohnung zu sehen. Ich wollte das Buch in den Briefkasten werfen, aber der Schlitz war zu schmal. Ich hätte es am Liebsten auf die Straße geworfen, so verzweifelt war ich. In dem Moment öffnete jemand die Tür zum Treppenhaus und ich ging hinein, legte das Buch vor ihre Haustür, klingelte und ging. Ich schrieb ihr noch, dass sie das Buch hoffentlich gefunden hat und das Thema damit hoffentlich beendet sei. Sie sagte, dass alles klar sei und sie die Sachen dann per Post schickt. Ich war völlig verzweifelt und verletzt.
Samstag wurde mir das alles zuviel und ich schrieb ihr nochmal, bat sie um ein persönliches Treffen, nicht um mit ihr zusammen zu kommen, sondern um das Ganze zu verstehen, um die Sache zu verarbeiten. Ich habe geglaubt, dass ich endlich die Richtige gefunden habe. Wieder kam nur eine kalte Mail, in der sie schrieb, dass ihr Terminkalendar voll sei und sie es wohl erst übernächste Woche schaffen würde, wenn es mir denn so wichtig sei. Sie wüsste aber auch nicht, was das Gespräch ändern könnte. Daraufhin habe ich sie gedrängt, mich doch bitte zwischen zu schieben. Und dann erzählte sie mir, dass ihre Oma im Sterben liegt und sie jeden Tag im Krankenhaus ist und deswegen keine Zeit hat. Sie wäre aber bereit zu einem Treffen am Freitag, da müsse sie länger arbeiten und schafft es wohl nicht mehr ins Krankenhaus. Dafür dankte ich ihr und sagte ihr, dass ich ihrer Oma alles nur erdenklich Gute wünsche.
Nachdem dieser anfängliche Schock von mir abfiel, wurde mir bewusst, was für ein verdammtes ... ich eigentlich gewesen bin. Ich habe nur mein eigenes Seelenheil gesehen und gar nicht, dass sie an diesem Wochenende völlig panisch wurde, als ich sie berühren wollte. Auch habe ich vielleicht zu wenig über ihre Vergangenheit nachgedacht, sie hat mir nie erzählt, ob sie aktiv etwas unternommen hat, um dieses Erlebnis aufzuarbeiten (nicht zu verarbeiten, das kann man nicht.). Sie schrieb mir Donnerstagmorgen, ob es bei dem Treffen bleiben würde und ob ich gegen 18 Uhr Zeit hätte. Sie habe aber nicht lange Zeit, weil sie doch noch ins Krankenhaus möchte und sie sowieso nicht wisse, was sie mir sagen solle. Daraufhin schrieb ich nur, dass sie sich die Zeit nehmen soll, die sie sich braucht und ihre Energie nicht in mich, sondern in die Dinge, die sie aktuell wirklich belasten stecken soll. Es wäre nicht schlimm, das Treffen zu verschieben.
Natürlich antwortete sie, dass es ihr wirklich lieber sei, das Treffen zu verschieben, sie aber nicht sagen könne, wann es denn stattfinden würde. Wohl erst in mehreren Wochen, da sie, selbst wenn ihre Oma bald stirbt, lange Zeit sich keinen Kopf über die aktuelle Situation machen könne.
Ich schrieb ihr eine abschließende Mail, in der ich im Nachhinein vermutlich zuviele Grenzen übergangen habe, was mir schrecklich leid tut. Ich schrieb ihr, dass ich für das alles Verständnis habe und mir wohl denken kann, was passiert ist, es sei in Ordnung, auch, dass ich wohl in mehreren Wochen nichts mehr von ihr hören werde. Ich mache ihr keine Vorwürfe. Ich könne verstehen, falls sie auf die Mail nicht antwortet. Ich wünsche ihr nur alles erdenkliche Gute und hoffe, dass sie sowohl ihr Glück findet und nicht an ihren aktuellen Problem zerbricht. Ich habe mich auch entschuldigt, dass ich evtl. irgendwas in ihr hervorgerufen habe. Ich habe sie mit dieser Mail ziehen lassen, weil ich gemerkt habe, dass ich sie nicht glücklich machen kann. Ich hätte alles versucht, um für diesen Menschen da zu sein, nicht nur um meiner Selbst wegen, sondern wegen ihr.
Seitdem habe ich nichts mehr von ihr gehört und kann es auch verstehen. Welcher Mensch, der sowas in der Vergangenheit erlebt hat, würde mir noch antworten? Ich bin kein Psychologe, ich will auch keiner sein, aber ich möchte diesem Menschen irgendwie helfen. Ich habe überlegt, ob ich ihr einen persönlichen Brief in den Briefkasten werfe, wenn sie nicht da ist. Sie soll nicht das Gefühl haben, dass ich ihr auflauere und sie stalke. Ich möchte ihr schreiben, dass es mir unfassbar leid tut, wenn ich Grenzen übertreten habe, und einfach nur als Freund für sie da sein möchte, dass sie weiß, dass es irgendwo auf dieser Welt jemanden gibt, der immer für sie da sein wird, dass sie mir einfach als Mensch wichtig ist.
Viele Dinge, die ich in der Beziehung mit ihr erlebt habe, könnte man auf das von ihr Erlebte zurückführen, ich habe gemerkt, dass sie sich in meinem Freundeskreis nicht sonderlich wohl fühlt, weil sie mir erzählte, dass sie Fremden gegenüber sehr verschlossen ist. Es ist in Ordnung gewesen, ich habe sie danach nie wieder gedrängt, nie wieder versucht, sie in diese Gruppe zu zwingen. Sie hat ganz am Anfang meine Eltern kennengelernt, nicht, weil ich das unbedingt wollte, sondern weil es sich ergab. Ich hingegen habe ihre Eltern nie kennengelernt. Es war für mich aber auch nicht schlimm, ich wollte sie nie drängen. Ich habe sie nie zum Sex gedrängt, und auch nie beabsichtigt Dinge getan, die sie hätten bedrängen können. Unbeabsichtigt sieht das Ganze bestimmt anders aus, ich bin aber auch nur Mensch.
Natürlich weiß ich aktuell nicht mehr wohin, das liegt an zwei Gründen. Auf der einen Seite würde ich mir natürlich wünschen, mit diesem Menschen eine Beziehung zu führen und selbst wenn das heißen würde, dass in Zukunft wieder solche Situationen auftreten können. Das ist mir bewusst und ich würde es für sie in Kauf nehmen.
Auf der anderen Seite hatte ich nie vorher direkten Kontakt mit Kindesmissbrauch und ich kann es nicht ertragen, wie jemand, der für mich so unfassbar wichtig ist, so kaputt gemacht wurde. Es ist für mich unvorstellbar, wie ein Mensch so brutal die Seele eines Kindes zerstören kann und ich empfinde aktuell einfach nur abgrundtiefen Hass gegenüber diesem Menschen. Nicht nur, weil er mir mein Glück zerstört hat, sondern hauptsächlich, weil er ihr Leben kaputt gemacht hat.
Ich rechne nicht damit, dass man das Ganze noch irgendwie retten kann, aber ich möchte zumindest irgendwas versucht haben. Wobei ich glaube, dass ich das schon habe und das Ergebnis eindeutig ist... :(