Hallo ihr Lieben,
Ich habe eine etwas seltsame Angewohnheit, die mich immer wieder über mich selbst stutzig macht und mich in seltsame Situationen bringt....meine Mutter starb Ende 2011 nach langer Krankheit mit 55 Jahren und es war wie man sich vorstellen kann furchtbar, davor schon viele Jahre, dadurch dass ich sie so leiden gesehen habe, und nun vermisse ich sie natürlich furchtbar. Nun zu meinem "Problem". Ich habe die Angewohnheit, im Alltag oft so zu tun, als hätte ich noch eine Mutter. Es fing damit an, dass eine meiner Schülerinnen (ich gebe Privatunterricht) plötzlich meine Mutter erwähnte und sagte, ich müsse ja eine tolle Mutter haben, da ich so ein netter Mensch sei. Da ich die Schülerin zwar sehr gerne mochte, aber noch nicht sehr gut kannte, und der Tod meiner Mutter auch noch nicht lange her ist, habe ich einfach gesagt "Ja, sie ist wirklich eine ganz tolle und warmherzige Frau." Anstatt sofort zu sagen, dass sie nicht mehr lebt. Ich finde es einfach viel zu emotional, wildfremden Menschen zu erzählen, dass meine Mutter nicht mehr lebt, und halte dann die "Fassade" aufrecht indem ich so tue, als sei alles "normal". Es ist einfach eine furchtbare Vorstellung für mich, dass ich möglicherweise in einer eher beruflich geprägten Situation in Tränen ausbreche oder dass alle mich bemitleiden und ich dann wieder so traurig werde....daher sage ich einfach nicht die Wahrheit. Die Mutter eines Schülers fragte mich auch "Wenn du nach Hause fährst kannst du wieder das köstliche Essen deiner Mutter genießen, oder?" Die Frau ist selbst sehr schwer an Krebs erkrankt und ich traf sie gerade zum ersten Mal, ich wollte einfach nicht sagen "Ähm, meine Mutter lebt nicht mehr." Es kam mir einfach so unpassend und emotional vor. Menschen rechnen nicht damit dass Frauen in meinem Alter (27) bereits keine Mutter mehr haben, daher erwähnen sie meine Mutter oft beiläufig in irgendeiner Situation....ich finde es einfach unangenehm für mich und die anderen, sie sozusagen "vor den Kopf zu stoßen" und uns alle in dieses peinliche Schweigen zu versetzen. Nun habe ich meine zu Anfang erwähnte Schülerin allerdings besser kennengelernt und mag sie sehr, und immer noch weiß sie nicht dass meine Mutter nicht mehr lebt! Das ist nun natürlich blöd und einfach seltsam, nun kann ich auch nicht auf einmal damit herausrücken, das würde ja noch komischer wirken! Ich frage mich, warum ich es nicht einfach gleich sage, und vor allem wie ich es sagen soll, ohne dass gleich eine peinliche Stille entsteht und die Menschen ihr Beileid stammeln.
Versteht mich jemand? Oder gibt es irgendein Phänomen, dass man den Tod eines geliebten Angehörigen verschweigt und nicht anspricht? Ich glaube allerdings dass es bei mir schlicht und einfach daran liegt, dass ich Personen die ich noch nicht gut kenne nicht gleich auf die Nase binden möchte, dass meine Mutter tot ist. Bei Personen die ich gut kenne oder die ich direkt als potentielle "Freundinnen" kennenlerne, habe ich weniger Probleme damit...nur in eher "geschäftlichen" Situationen habe ich das Problem.
Ich bin dankbar für Antworten.
Mondnacht4