Hallo...
Ich schreibe hier meine Gedanken nieder. Ich schreibe sie nieder, weil ich die verwüstete Baustelle tief in mir nicht mehr zu händeln fähig bin. Ich bin auch in psychologischer Betreuung. Ich muss allerdings dazu sagen, dass es mir schon immer wirklich schwer lag, Schwäche zu zeigen oder auch eingestehen zu können. Das Unglück meines Lebens begann eigentlich schon in meiner Kindheit. Ich hatte eine Mama, die schwer Herzkrank war. Die ihre Krankheit aber nie hat akzeptieren können/wollen und somit ihren Wunsch Karierre im Beruf zu machen lieber umgesetzt hat, als im selbstmitleid zu versinken und gar auf ihre Gesundheit zu achten. Sie war eine echte Powerfrau, hat alles managen können: Haushalt, Familie, Job, Krankheit. Und dazu kam auch noch, dass sie selbst auch viel verkraften musste. Sie hat die Messlatte ziemlich hoch gesetzt, war deswegen aber auch sehr oft im Krankenhaus. Sie war eine sehr frische, attraktive und lebensfrohe, ehrgeizige Frau, die immer der Meinung war, die Krankheit gehöre nicht zu ihr. Damit litt aber auch das Verantwortungsbewusstsein uns Kindern gegenüber enorm... Wir mussten mit ansehen wie Mama oft mit dem Notarzt in's Krankenhaus fuhr. Es wurde zur Normalität meiner Kindheit. Mir hat es an Liebe nie gefehlt, aber immer angst haben zu müssen, dass die Mama irgendwann nicht mehr aus dem Krankenhaus kommt, war schrecklich. Als ich noch sehr klein war, habe ich es gar nicht so mitbekommen, dass Sie selbst daran Schuld war, weil sie nie auf ihren Körper und ihre Gesundheit gehört hatte. Als ich älter wurde, ging das schätzen und raten der Ärzte los, wie lange sie noch leben würde, wenn sie nichts ändern würde... Ihre Krankheit war händelbar, nur ihre Lebensweise machte sie wirklich Lebensgefährlich. So erzählte man also, sie würde nur noch ein paar Jahre so wieter machen können... Ich selbst bin auch Herzkrank. Meine Mama starb dann aber leider vor circa 2 Jahren an einem Autounfall, mein Vater war mit dem Auto und so gingen nun beide von uns... Die Vorgeschichte meiner Mama habe ich nur erwähnt, weil sie womöglich der Grund für meine Angst Schwäche zu zeigen, ist. Ich habe den Tod meiner Eltern bis heute nicht verkraftet und ich erwische mich immer wieder dabei, dass ich in der Stadt zB ausschau nach Ihnen halte. Ich rufe heimlich die mailbox an, auf der ihre liebevolle Stimme ertönt. Manchmal hinterlasse ich ihr sogar eine Nachricht...Vielen Menschen habe ich bis heute nicht von deren Tod erzählt. Weil ich es nicht ertragen müssen will, wenn die Menschen sagen, sie würden es verstehen und auch, weil ich keine Schwäche zeigen will. Meine Seele ist krank und ich merke von Tag zu Tag, wie sich die tiefe Trauer auch in meinem Körper bemerkbar macht. Lange Zeit habe ich mich selbst beschissen, immer so getan, als wäre alles OK.. Ich habe in meinem Freundeskreis und auch bei allen Menschen, die mir nahe sind schon den Ruf als wahnsinnig starke Person, die selbst in den schlimmsten Zeiten Gründe für Optimismus findet. Das ist aber mehr Schein als Sein. Ich denke schon, dass ich viel ertragen kann, aber das war einfach zu viel... Meine kleinste Schwester starb nun an Leukämie. Das ist ein paar Wochen her. Ich muss dazu sagen, dass es für uns alle ein riesen Schock war...denn sie war jung und kein Arzt dieser Welt hätte gedacht, dass sie es nicht schaffen wird. Sie saß damals mit dem Auto, als meine Eltern umkamen... sie war die einzige die überlebte und lag eine ganze Weile ohne das Wissen, dass meine Eltern zu diesem Zeitpunkt schon Tod waren im Krankenhaus. Sie musste wieder laufen lernen, hatte davor eine Gesichtstransplantation. Damals haben wir alle mit tiefer Trauigkeit ihrerseits gerechnet, aber nichts von dem merkte man ihr an. Im Gegenteil sie plauderte von Erinnerungen, die sie mit Mama und Papa erlebt hatte und immer genau in diesen Momenten, vershclug es uns allen die Sprache. Der Schmerz traf uns immer dort, wo wir ihn nicht erwartet hatten. Sie ging damit ganz anders um, als wird. Meine Schwester ist Kinderpsychologin und Sozialpädagogin und mein Schwager auch. Aus diesem Grund zog sie dann bei meiner großen Schwester ein. Sie hatte damals schon lange Ziet vor dem Unfall über starke Kopfschmerzen geklagt, aber da wir alle in unserer Familie Migräne haben, vermute ich, dass meine Eltern es sich damit erklärten. Sie ging selten in die Schule, meine Eltern vermuteten immer, sie hätte keine Lust dazu... Sie sah immer sehr blass aus, war schnell müde...und sehr erschöpft. Bis die Diagnose Leukämie kam vergingen Wochen von Untersuchungen. Meine Schwester rannte von Arzt zu Arzt... als sie dann die Chemotherapie bekam, schlug diese sogar wohl ganz gut an. Als sie Kopfbestrahlung bekam, wurde die Chemo erstmal weggelassen, da ihr Körper zu belastet damit war. Plötzlich starb sie. Wie aus dem nichts. Niemand hätte damit gerechnet. Uns wurde gesagt, dass junge Menschen eine gute Chance haben, es zu schaffen! Und das wenn überhaupt ein Tod nach längerer Zeit eintreten würde...und das erinnert mich an ein Gespräch, was ich mit meiner kleinen Schwester hatte, als ich sie in's Bett brachte (kurz nach dem Tod meiner Eltern)...sie fragte mich, ob Mama und Papa jetzt Schmerzen dort hätten, wo sie jetzt sind. Und ich sagte ihr, dass es Ihnen gut ginge und wie toll es dort oben wäre und das wir uns keine Sorgen machen müssten. Dann sagte sie mir, dass sie ihr so fehlen würden und das wenn der Ort so schön ist, dass sie dann auch gerne dort wäre... Ich antwortete damals:" Nein, Süße...das wärst Du nicht gerne" und wir gingen schlafen. Ich glaube, dass sie nicht mehr wollte... vielleicht starb sie an einem gebrochenen Herzen? Jedenfalls ist diese Woche die Beerdigung und ich habe das hier so in der Form noch niemandem erzählt. Ich gebe derzeit nur vor jemand zu sein, der ich überhaupt nicht bin....nämlich eine starke Person. Ich weine eigentlich den ganzen Tag, mein Körper zittert, ich habe oft Herzrythmusstörungen, Atemprobleme... Nach dem Tod meiner Eltern weinte ich lange Zeit nicht, sprach 3 wochen kein einziges Wort mehr. Ich wollte schreien, aber es ging nicht. Und ich habe mir immer eingeredet, es würde mit der Zeit besser...aber es wird schlimmer. Jeder Tag ist eine Seelenqual...ich saß vor ein paar Tagen nachts auf dem Fiedhof im Regen...und ich hätte mich echt gerne neben ihre Gräber gelegt. Ich weiß, es klingt furchtbar und es macht mir ja selbst angst...aber was soll ich tun? Was kann mir helfen? Die Therapie bringt mir fast nichts...und ich spiele mit dem Gedanken mich in eine Klinik zu begeben.. Ich denke da eher an eine psychosomatische Klinik, an keine Psychatrie...da ich selbst mal medizin studiert habe für ein paar Semester weiß ich aus Erzählungen, dass man dort nur mit Medikamenten ruhig gestellt wird und somit nur eine Notversorgung geleistet wird. Dort ist so viel Leid auf einem Haufen und man käme gestörte wieder raus, als man es war, als man hinein ging... aber in einer psychosomatischen Klinik würde man auch therapiert. Man arbeitet sozusagen an seinen Baustellen. Privat hatte ich jetzt seit dem Tod meiner Eltern einen "Freund" der damals für mich da war, ich war so dankbar. Dieser wurde mir gegenüber gewalttätig und ich bin gerade dabei wenigstens das hinter mir zu lassen, in dem er mir jetzt nichts mehr tun kann. Ich war zu schwach, oder ich dachte, dass ich zu schwach gewesen wäre...um mich da zu befreien. Mein Herz ist so krank, dass ich einfach nicht mehr weiter weiß... Jetzt denke ich, ich bin wieder zurück...zurück im wahren Leben, in dem man nicht immer nur verdrängt....aber gut, gut geht es mir lange nicht. Ich schlafe nicht mehr, träume furchtbare Dinge...und ich bin jeden Morgen aufs neue froh, den geistern der nacht wieder eine nacht getrotzt zu haben... aber wenn es so wieter geht, dann geht es an meine Existenz, an mein Leben, was mir doch eigentlich so kostbar ist. So darf es nicht weiter gehen...ich bin nicht mehr zurechnungsfähig verletze geliebte Menschen, obwohl ich es nicht will...weil ich ohne nachzudenken handel....was kann ich tun? Habt ihr ähnliche Erfahrungen? Ich bitte euch, diesen Beitarg ernst zu nehmen, denn ich bin wirklich verzweifelt...
MinaSeidel