Liebe Community,
ich bin für mich gerade an einem Punkt angekommen, an dem ich einfach mal ein paar externe Einschätzungen brauche.
Ich bin 28 Jahre alt und gerade in der Endphase meines Masterstudiums. Soweit läuft eigentlich alles gut, ich schreibe fleißig an der Masterarbeit, habe nebenbei eine Halbtagsjob in meinem Beruf und auch privat alles ganz gut auf der Reihe.
Allerdings studiere ich schon recht lang und habe ziemlich mit Vorwürfen aus der Familie (und zum Teil auch aus dem Freundeskreis) zu kämpfen. Dazu muss ich sagen, dass ich die erste aus der Familie bin, die überhaupt ein Studium aufgenommen hat und meine Familie sich von vornherein davon (und jeglichen finanziellen Unterstützungen) distanziert hat.
Dementsprechend habe ich das komplette Studium "nebenbei" finanziert (BaföG fiel für mich weitestgehend flach). Hinzu kam ein -zugegeben recht später- Fachwechsel, der mich einiges an Zeit gekostet hat (was ich aber in keinster Weise bereue!)
Nach dem Fachwechsel habe ich jedoch noch einmal "durchgestartet" und prima Ergebnisse gehabt (Bachelor).
Durch meine Arbeit bin ich an ein sehr tolles -aber auch zeitintensives- Masterarbeitsthema gekommen, was mir die Möglichkeit eröffnet hat, mich fachlich -auch im Hinblick auf eine spätere Promotion- zu erproben. Verbunden mit dieser Option war eine damit verbundene halbe Stelle bis zum Studienabschluss-eigentlich eine optimale Ausgangssituation: Die Möglichkeit zur beruflichen Selbsterprobung (und auch -verwirklichung) in einem finanziell abgesicherten Rahmen. Das war es mir wert, ein zusätzliches Mastersemester anzuhängen.
Allerdings habe ich mich verschätzt hinsichtlich des Arbeitsumfanges dieser Arbeit und brauche nun ein weiteres halbes Semester.
Soweit, so gut. Seit einem halben Jahr (also dem ursprünglich geplanten ende des Masters) habe ich sehr mit Vorwürfen aus der Familie und seitens der Schwiegereltern zu tun. Sie sehen mich als ewigen Studenten (was ja nicht ganz unrichtig ist) und sagen, dass ich mein Leben eh nie auf die Reihe bekommen würde. Was mir dabei besonders zu schaffen macht ist, dass mir vorgeworfen wird, auf Kosten meines Partners zu leben (was nie (!) der Fall war). Gerade meine Schwiegereltern haben aber bis vor kurzem jeden Tag gesehen, dass ich morgens um 7 aus dem Haus ging und nie vor halb 7 abends wieder da war.. aber irgendwie wird es von ihnen nicht als "Arbeit" wahrgenommen.
Ich weiß, dass es einem eigentlich egal sein sollte, aber es verletzt mich trotzdem sehr, dass nicht gesehen wird, dass ich seit meinem Abitur ein in jeder Hinsicht (auch materiell) eigenverantwortliches Leben führe und hierfür auch sehr viel Zeit und Energie investiert habe. Das "typische Studentenleben" (auschlafen bis 12, 4-5 Monate "Semesterferien") habe ich nie geführt, immer nebenbei gearbeitet und über weite Strecken auch 2-3 Jobs gehabt.
Gleichzeitig treffen mich diese Vorwürfe sicher an einem "wunden Punkt". Natürlich ist mir bewusst, dass ich länger "Student" bin, als üblich, habe hierfür aber für mich nachvollziehbare Gründe und auch sehr gute Studienerfolge und habe auch zugleich finanziell immer unabhngig leben können. Es macht mir sehr zu schaffen, dass mich der große Teil meines Umfeldes als Versager wahrnimmt, obwohl ich nie jemandem "auf der Tasche" gelegen habe. Niemand hat also einen Nachteil durch meinen Lebensweg, niemand (aus diesem Umfeld) hat eine ähnlichen Lebensweg, um daraus direkte Vergleiche ziehen zu können...und aus meinem Arbeits- und Studienumfeld erhalte ich nur positive Rückmeldungen.
Trotzdem habe ich immer mehr das Gefühl, von meinem direkten Umfeld, als nicht vollwertiger und eigentlich gescheiterter Mensch wahrgenommen zu werden, der an sich nicht lebensfähig ist.
Tja...ich danke schon einmal allen, die sich diesen langen Text (und wohl viel Gejammer) durchgelesen haben und freue mich über Kommentare jeglicher Art!
Viele liebe Grüße
Ribosom