Hallo,
ich bin schon länger stille Mitleserin, aber ich weiß nicht ob ich hier richtig bin. Durch mein Studium habe ich sehr viel an Selbstreflexion gewonnen und in letzter Zeit sind mir einige Gefühle richtig bewusst geworden, von denen ich nicht weiß, wie ich sie deuten soll. Vielleicht kennt das jemand von euch und kann mir weiter helfen, vielleicht spinne ich mir auch nur etwas zusammen.
Was mir schon länger aufgefallen ist, dass ich sehr ungern von anderen berührt werde. Also so zur Begrüßung ist eine Umarmung ok, aber gerade, wenn ich von Männern umarmt werde, fühle ich mich dabei nicht wirklich wohl. Ich weiß gar nicht genau wie ich das beschreiben soll, ich fühle mich für ein paar Sekunden wie in einem Trance und bin froh, wenn die Umarmung vorbei ist. Generell erschrecke ich mich fast, wenn mir ein Mann auf den Oberschenkel klopft, oder mich auch nur in die Seite piekst. Es fühlt sich komisch an, so befremdlich und ich weiß in der Situation dann nicht damit umzugehen und kann für ein paar Sekunden gar nicht mehr klar denken. Meistens überspiele ich das dann mit einem Lachen oder ich rede ganz viel. Mit meinem Freund bin ich nun schon 2 Jahre zusammen und wir lieben uns sehr. Manchmal möchte ich total viel Sex mit ihm und manchmal monatelang gar nicht. Ich habe einfach keine Lust und ich mag es dann auch überhaupt nicht wenn er mich streichelt. Wie automatisch schiebe ich dann seine Hand weg. Er lässt es dann auch gut sein, aber ich habe ein total schlechtes Gewissen. Ich kuschel echt gerne mit ihm, aber sobald er mich auch nur am Arm streichelt kann ich es nicht genießen, sondern bin ständig auf der Lauer, damit ich rechtzeitig seine Hand wegschieben kann, falls er unter mein T-Shirt will. Ich habe dabei einfach keine schönen Gefühle und fühle mich nicht geborgen, obwohl ich meinen Freund total liebe.
Mir ist halt vor allem aufgefallen, dass viele auf Partyfotos Freunde umarmen, ich mache das eigentlich nie. Das ist mir jetzt erst bewusst geworden. Wenn dann stehe ich da und lasse sie mich eben umarmen, aber ich umarme nicht zurück und wenn doch, dann fühlt es sich nicht gut an.
In letzter Zeit habe ich auch einige Bücher über das Thema des Missbrauchs gelesen und das einerseits mit einer seltsamen "Sucht" mich damit zu beschäftigen, aber gleichzeitig auch mit einer gewissen Distanz, als sei ich in der Zeit des Lesens in einer Art Hülle. Das ist ganz schwierig zu beschreiben.
Diese ganzen Gefühle beschäftigen mich sehr, da ich nicht weiß, wie ich sie deuten soll. Sind solch ein Verhalten und derartige Gefühle normal? Ich habe davon gelsen, dass man Missbrauch auch vergessen kann und dies erst Jahre später ans Licht kommt, allerdings kann ich mir nicht vorstellen, wann und wo mir so etwas passiert sein sollte.
Es tut mir leid, dass der Text jetzt so lang wurde. Ich hoffe ihr haltet mich nicht für verrückt, mich belasten diese Gefühle nur irgendwie.
Eure
Sterntaler