Achtung, Bienenkönigin
Wie wir alle hier ziehe ich meine Rückschlüsse allein aus deinen Schilderungen, von daher: Alle Angaben ohne Gewähr und nur aus dem Gefühl heraus.
Ich fürchte, du hast dich in den Höfling einer Bienenkönigin verliebt.
Mag sein, ihr Vater hat sie als junges Mädchen nicht genügend beachtet (oder zumindest hat sie es damals so empfunden) - es sei denn, sie benahm sich wie Papas kleiner Liebling. Aber das tut auch nicht viel zur Sache. In jedem Fall koppelt sie ihr Selbstwertgefühl an die Aufmerksamkeit, die sie erzeugen kann; das verleiht ihr ein Machtgefühl, ein Gefühl von "Ich bin wer". Über die Jahre hinweg hat sie das kultiviert, sie genießt es - und sie kann es gar nicht leiden, wenn ihr jemand diese Position streitig macht, bzw wenn sie dies auch nur so empfindet.
Eine Bienenkönigin schart immer, wenn sie es irgend kann, einen großen Hofstaat von Bewunderern um sich - vorzugsweise männliche. Weibliche duldet sie nur, wenn sie keine Konkurrenz zu ihr selbst darstellen.
Will sagen: Frauen in ihrem Dunstkreis sind nur geduldet, wenn sie der klassische Typ des schüchternen grauen Mäuschens sind. Bist du auch nur ein ansatzweise hübsches Mädel und hast das eine oder andere Talent (besonders riskant wird es, wenn du auf einem Gebiet, auf dem sie sich ganz toll findet, auch gut, vielleicht sogar besser bist und/oder dein Freund sich dazu bereits bewundernd geäußert hat), besteht in ihren Augen die Gefahr, dass du an ihrem Podest kratzen könntest - selbst wenn du in Wirklichkeit keinerlei Gedanken daran verschwendest und einfach nach dem Motto "Leben und leben lassen" agierst.
Wobei sie dir "Leben und leben lassen" obendrein noch als Schwäche auslegt, als Unvermögen, ihr das Wasser zu reichen. Sie meint dann noch, sie sei viel gewiefter als du "naives Häschen".
Nun zählte dein Freund ganze zehn Jahre zu ihrem Hofstaat, bevor du in sein Leben kamst. Sie hat sich seiner Zuneigung (Ergebenheit?!) völlig sicher gefühlt. Allein, dass er sich nun (auch noch) für ein anderes weibliches Wesen interessiert, bedeutet, ihr Thron wackelt. Zumindest empfindet sie das so. Sie will bei ihm die Nummer eins sein - wenn sie gerade Lust dazu hat, Nummer eins zu sein.
Es geht dabei nicht darum, dass sie vielleicht verliebt in ihn ist (das kann noch zstl mit rein spielen, da spielt es auch keine Rolle, dass sie nun vergeben ist, hat aber nur untergeordnete Bedeutung), auch wenn ihr Benehmen eifersüchtige Züge annimmt. Es geht darum, dass sie weniger Aufmerksamkeit erhält, nur noch die zweite Geige spielt, da du nun an erste Stelle gerückt bist bei deinem Freund.
Eifersucht hat hier nichts mit heimlicher, unerwiderte Liebe ihrerseits zu tun, sondern mit Besitzdenken. Dein Freund soll keine Frauen haben neben ihr - oder allerhöchstens solche, die weniger wichtig sind und in der Rangordnung niedriger stehen als sie.
Die Anrufe, SMS und auch die Krankenhausgeschichte sind Machtspielchen, um DIR zu zeigen: Okay, du bist vielleicht seine neue Freundin, aber seine Meisterin bin ICH.
Bsp Notfall/Klinik: Ist dein Freund der einzige Mensch auf Erden, der ihr Wäsche ins Krankenhaus bringen kann? Hat sie keine Familie? Keine Freunde? Was ist eigentlich mit ihrem Freund, ist sie nicht vergeben, oder hat der keinen Telefonanschluss?
Bedenklich in dem Zusammenhang finde ich, dass dein Freund dir nun zu verheimlichen anfängt, dass sie ihn weiter intensivst kontaktiert. Er wählt den seiner Ansicht nach einfacheren Weg für sich: Kein Stress mit dir, nach dem Motto "Was sie nicht weiß, macht sie nicht heiß", und kein Stress mit ihr, er bleibt ja nach wie vor verfügbar. Aber wie respektlos ist es dir - der Frau, in die er doch verliebt ist - gegenüber, dich zu belügen?!
Vielleicht solltest du ihm bei passender Gelegenheit (von wegen Freund/Kollege ruft an) mal ganz ruhig sagen: "Ich wusste gar nicht, dass dein Freund/Kollege genauso heißt wie...".
Was bleibt zu tun?
Sie wird ihr Verhalten garantiert nicht ändern - es sei denn, dein Freund verweist sie klipp und klar auf ihren Platz UND bleibt standhaft dabei, selbst wenn sie - das ist ihr zuzutrauen - ihm eine Riesenszene macht, wie er ihr "so was" nur antun kann und ihn dann eiskalt fallenlässt, damit er wieder zu ihr kriecht und sie ihn gnädigerweise in ihren Hofstaat aufnimmt. Angesichts seines jüngsten Verhaltens ist aber leider nicht davon auszugehen, dass diese Variante sich verwirklichen lässt.
Denn du musst dir vor Augen halten, dass dein Freund sehr lange mit der Bienenkönigin befreundet ist, ihr - nach normalen Maßstäben doch recht anstrengendes - Verhalten nicht nur duldet in all der Zeit, sondern sogar mag. Manch anderem wäre ihre Art schon längst auf den Geist gegangen, und er hätte den Kontakt geknickt oder gleich einen großen Bogen um sie gemacht.
Damit bleibt dir nur, dass DU etwas tust.
Wenn ich lese, dass eure gemeinsamen Momente "abgezählt" sind, würde ich ihn an deiner Stelle - absolut sachlich, und auch dabei musst du konsequent bleiben - darum bitten, diese kurze Zeit auch tatsächlich ausschließlich für euch zu reservieren, als Beweis dafür, dass diese Momente - und damit DU - ihm genauso kostbar sind wie dir.
Das heißt: Handys raus und aus! Von euch beiden! Glaub einer alten Frau von 40 Jahren: Es gab mal eine Zeit ohne Dauertelefonitis, und da hat das Leben auch funktioniert! Man muss nicht immer und überall erreichbar sein. Und sollte die Welt untergehen, wäre dir das nach etwa 30 Sekunden auch egal.
Immerhin kann er ja grundsätzlich mit ihr in Kontakt bleiben, so kompromissbereit bist du ja.
Aber: Im Schlafzimmer hat die beste Freundin der Welt (und sei es "nur" per SMS) NICHTS zu suchen - oder will sie euch vielleicht noch die Lampe halten?!
Ansonsten braucht ihr gar nicht erst anzufangen - das nächste Klingeln kommt bestimmt...