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"Bist du geisteskrank?" - Gehört das heutzutage nicht zum guten Ton? ;-)
Okay, und jetzt mal im Ernst: Vielen Dank für eure vielen Anregungen. Manche davon ungemütlicher als andere, aber darum habe ich es so ehrlich geschrieben und nicht "kuscheliger".
Zu dem ersten Post von herz89 möchte ich nochmal zurückkommen. Beim Duschen ist mir etwas aufgefallen, nämlich dass ich ganz genau das gleiche einer Freundin vorgeworfen habe, als wir darüber geredet haben. Denn natürlich haben wir erst überlegt, was wir nun tun sollen, wie wir ihr helfen sollen, weil wir uns alle überfordert fühlen. Aber anscheinend bin ich kein Stück besser ;-)
Es ist aber auch verdammt schwer, in so einer Situation, die mir so dringlich vorkommt, nicht den schnellsten Weg zu suchen, sie zu einer Therapie zu schleppen. Denn sie ist nicht auf eine Art magersüchtig, dass man sich fragt, hm, vielleicht ist sie's, vielleicht auch nicht, sondern auf die Art, dass man sich fragt: Okay, wie lange hat sie noch?
Ich weiß, das klingt kalt, es geht noch zynischer: Ich habe ein Vierteljahr in der Psychiatrie gearbeitet und dort haben die älteren Schwestern wetten abgeschlossen, wie lange wer noch hat.
"Weißt du nicht was du tust?" - Wenn ich das wüsste und mir alles so einfach vorkäme, würde ich nicht bei euch Hilfe erbitten. Für mich ist es eine verdammt verfahrene und inzwischen ziemlich unübersichtliche Situation, weshalb mir euer Blick von außen so wichtig ist.
Ich versuche mal, mein Handeln zu erklären. Anfangs ging es mir vor allem darum, sie zu einem Arzt zu schleppen. Ich kannte sie aber kaum. Also habe ich sie kennen gelernt und uns beide in eine Situation gebracht, in der ich die "stärkere" bin. Dazu gehört nicht sonderlich viel, weil sie so verdammt unsicher ist, ich habe es mir nur bewusster gemacht. Ich hatte Erfolg, das mit dem Arzt klappt.
Und jetzt habe ich bemerkt, wie weit das geht. Ich möchte sie nicht dominieren. Ich möchte um ihres Selbsts willen mit ihr befreundet sein. Aber ich weiß, wie schnell es passieren kann, dass man sich bestimmend verhält, wenn jemand keine klare Meinung hat/diese nicht klar ausdrückt. Das möchte ich vermeiden. Es wäre für uns beide nicht gesund.
Ich möchte sie in ihrer Persönlichkeit bestärken. Aber wie?
Melike, vielen, vielen Dank für deine Antwort. Ich werde versuchen, es genau so zu machen. DANKE!!!
Und nun noch ein Wort dazu, dass ich glaube, so einen starken Einfluss zu haben, was für fraurotkohl scheinbar nach heilloser Selbstüberschätzung klang :-)
scheinbar hast du noch nie einen Menschen getroffen, der so absolut null Selbstbewusstsein hat wie meine Kommolitonin. (Ich bisher auch nicht.) Es gibt einen Grund, warum es heißt, Sekten etc suchen sich besonders Leute, die unsicher sind etc. Es liegt nicht an meiner "umwerfenden Persönlichkeit", dass wir in diese seltsame Beziehung geraten sind. Sie traut sich absolut nix zu und hält jeden anderen allein deshalb für besser. Sie denkt, sie ist mit Abstand die schlechteste in allem. (Das hat sie so natürlich nciht gesagt, sondern das ist meine etwas überspitzte Interpretation) Darum ist alles, was jemand anderes sagt, besser als alles, was für sie kommt. Am Anfang vom Studium war sie noch dazu allein. Sie war isoliert, kannte niemanden, hatte keine Freunde (zumindest in der Stadt, in der sie jetzt wohnt). In dieser Zeit am Semester-Beginn tun sich alle Erstsemester besonders leicht, Kontakte zu knüpfen und sind besonders empfänglich für Menschen, die nett zu ihnen sind, denn schließlich suchen alle Anschluss. So kamen auch wir schnell ins Gespräch. Ihr Selbstbewusstsein ist aber so im Eimer, dass sie anfangs gar nicht fassen konnte, dass es uns nicht stört (wir uns sogar darüber freuen), wenn sie bei uns ist. Von diesem Punkt aus ist es nicht schwer, zur Bezugsperson eines Menschen zu werden, wenn sie sich schon darüber freut, dass ich bloß mit ihr reden! (Immer noch nicht wegen meiner umwerfenden Persönlichkeit, sondern weil *irgend jemand* mit ihr reden) Und dann haben wir etwas mehr Zeit miteinander verbracht, uns unterhalten, natürlich war ich nett zu ihr. Und in dieser Situation hat sie begonnen, mich als Anleitung anzusehen, wie man sich unter Freundinnen "richtig" verhält. Weil sie sich so gar nichts zugetraut hat, wurde mein verhalten für sie Gesetz. Natürlich nicht so deutlich, wie ich das jetzt schreibe, sondern unterschwelliger, subtiler.
Menschen ohne Selbstbewusstsein sind verdammt leicht beeinflussbar, wenn sie alles, was andere machen, für besser halten als alles, was sie selbst machen. Ich verweise erneut auf sekten etc, die sich das zunutze machen und ein Zugehörigkeitsgefühl vermitteln. Ja, ich habe mich nicht besser verhalten als solche Sekten, indem ich meine Situation ausgenutzt habe, um sie zu einem Arztbesuch zu bewegen. Ich habe mich schäbig verhalten. Aber hätte ich zusehen sollen, wie sie sich zu Tode hungert???