Depressionen + floskeln
du kennst echte, schwere depressionen aus eigener erfahrung?
ich kann es mir nur schwer vorstellen.
mit deinen 'think positive' floskeln à la 'schau nur hin, wie wertvoll dein leben ist' (wenn es sich nun mal einfach nur sch... anfühlt) und dem vorwurfsvollen 'anderen geht es doch viel schlechter als dir' (was immer richtig ist, aber mit der lebenswirklichkeit des depressiven rein gar nichts zu tun hat) würdest du bei jemandem mit schweren depressionen jedenfalls nur dafür sorgen, dass es schlimmer wird.
denn sie zeugen von unverständnis und nichtakzeptanz - der depressive wird es aber nicht abprallen lassen können, sondern so verstehen: ich kann meiner wahrnehmung nicht trauen - ich stelle mich nur blöd an - ich habe kein recht, mich so schlecht zu fühlen...
denn der depressive ist noch viel weniger als andere in der lage, hinter deine aussage zu blicken und sich zu denken, dass du es vielleicht gar nicht so gemeint hast.
im gegenteil wird er die negativen aspekte besonders wahrnehmen, da es in seine oft verzerrte perspektive besser hineinpasst, dass die reaktionen auf seine negativen gefühle auch negativ sind.
die aussage, 'zur vernunft kommen' zu sollen, ist besonders schräg. depression ist eine ernstzunehmende erkrankung, die behandlungsbedürftig ist und nicht mit floskeln oder simplen verhaltensvorträgen gelöst werden kann. ich persönlich bin übrigens eine besonders vernunftorientierte und hochintelligente person (ein fakt, hat mit arroganz nichts zu tun), und das hat mir im umgang mit depression ÜBERHAUPT nicht geholfen. vielleicht war sogar das gegenteil der fall.
es ist schön, dass du offenbar deine persönlichen ressourcen gefunden und so deine krise überwunden hast.
auch mir hat es geholfen, nach einer phase des verständnisses, der fürsorge und der (auch professionellen!) unterstützung von außen, meine 'schönen/lebenswerten dinge' zu finden und sie mir teils mechanisch vor augen zu halten oder mich zu einer tätigkeit wie sport oder spazierengehen zu zwingen. das war aber nur ein teil von allem.
einer person mit echten depressionen mal eben aufzudrängen, auf was sie sich doch vielleicht als ressource stützen könnte, ist unsinn. das muss jeder für sich selbst finden, nur dann kann es helfen.
psychologie ist kein hobby.
lies mal:
http://www.couchkritik.de/2011/04/15/floskeln-die-man-besser-fur-sich-behalten-sollte/
http://www.depressionen-portal.de/unterstuetzung-durch-angehoerige.html
p.s.
für alle mit akuten problemen: psychosomatische oder psychiatrische kliniken haben mit gehirnwäsche nichts zu tun (das war vielleicht vor 50 jahren so!).
und zur medikamenteneinnahme wird auch niemand gezwungen.
ich kann z.b. diese klinik empfehlen, in der ich eine anstrengende, aber ganz wunderbare zeit hatte:
http://www.habichtswaldklinik.de/therapiegruppen.html
man kann das auch einfach als kur sehen, als selbstfürsorge und und beginn der arbeit an einem neuen, starken selbst.
und mehrere frauen hatten dort übrigens ihr kind dabei!
die 'light'-variante mit nicht so tiefgehendem psychotherapeutischen angebot wäre eine mutter-kind-kur. die wird relativ einfach genehmigt und hat sicher keine nachteiligen auswirkungen auf einen sorgerechts- oder unterhaltsstreit.
http://www.mutterkind-kur.de/kit/
http://www.kur.org/