brooks_12545313Oha...
Viel Feind, viel Ehr..., da kommt so manches zusammen bei Dir.
Also erst mal: ich bin weder Arzt noch Psychologe. Weil mir zig Therapien nichts gebracht haben, habe ich irgendwann selbst angefangen einiges zu lernen.
Während der zig Therapien und auch oft danach habe ich viele andere kennengelernt, weil ich schon lange kein Geheimnis mehr daraus mache - weder betreffend Selbstverletzung noch Borderline.
Dennoch, die präziseste Definition, die ich selbst mir zutraue, ist "das Gefühl, in Gefühlen zu ertrinken".
Den offiziellen Diagnosekatalog kann jeder bei Wikipedia nachlesen.
Aus meiner Erfahrung: es ist fast nie allein. Da man i.d.R. schon lange,lange durchs Leben taumelt, bis mal klar ist, was an einem selbst eigentlich anders ist und warum, sind die "begleitenden Probleme" schon gigantisch.
Selbstverletzung und / oder Eßstörungen sind da häufig dabei. Meiner Meinung nach ein bißchen wie bei einer Allergie: amoklaufende und fehlprogrammierte Selbstschutzmenchanismen. Entsprungen der Tatsache, dass man es irgendwie still kriegen muß. Daher auch Alkohol und / oder andere Drogen häufig, wie ich auch schon schreib.
Trotz meines mangelnden Vertrauens in Ärzte & Co. zu Krankenhaus hätte ich Dir auch dringend geraten. Allein aus dem Grund, dass Du da erst mal in einer geschützten Umgebung bist, wo erst mal nicht ganz so viel auf Dich einprügelt.
Du weißt schon, dass Du nicht in jedem Falle warten mußt, bis ein Arzt Dich zum nächsten überwiesen, der sich erst mal einBild gemacht, Dich weiter überwiesen und dann irgendeinen Antrag auf eine stationäre Therapie gestellt hat, die genehmigt wurde und irgendwann mal ein Platz frei ist? Wenn Du (!) das Gefühl hast, es ist genug und Du brauchst *jetzt* Hilfe - markier nicht den Helden und warte fein artig ab, geh selbst und direkt in die Klinik, Notaufnahme und sage denen, dass Du allein nicht weiter kommst und Hilfe brauchst. Jetzt. Du wirst fast sicher aufgeommen. Auch wenn wir unsere Wahrnehmung immer hinterfragen müssen, das ist die einzige Ausnahme. Deine seelischen Schmerzen werden definiert durch das, was bei Dir ankommt. Hier zählt Dein subjekties Erleben, das bestimmt Dein Leid, nicht ob die Welt jetzt "wirklich" grausam zu Dir ist oder nicht.
Das wird Dir zumindest die Luft verschaffen, dass Du sortieren kannst.
Oh doch, Du solltest das für überaus wichtig nehmen, denn so wie es ist geht es nicht weiter, oder?
Du kompensierst im Moment. Massiv. Die Möglichkeiten solcher Ventile sind begrenzt. Du mußt Dich um die Ursachen kümmern - und da hilft es ganz gewiß nicht, das "nicht so wichtig zu nehmen", im Gegenteil - ignorieren und unterdrücken / übergehen funktioniert nicht, das weißt Du doch auch.
Was den weiteren Weg angeht, kann ich Dir nur Anhaltspunkte geben. Ich kann mich so schon nie kurz fassen, aber alles andere würde den Rahmen völlig sprengen - und ich fühle mich auch nicht berufen, das genau beurteilen und lösen zu können.
Also - Anhaltspunkte:
1) Achte auf Deine Kraftreserven. Du läuft im Grunde immer auf 230% Kapazität. Du bist geistig wie körperloch schneller erschöpft. Das zu ignorieren führt zu massiven Problemen in allen Bereichen. Heldentum ist hier auch kontraproduktiv, Du schaffst Dir mehr Probleme, als Du löst, wenn Du Dich weiterkämpfst, obwohl Du völlig erschöpft bist. Ich mache es beispielsweise so, dass ich meinen Urlaub fast immer sehr kurzfristig nehme - fast nie mehr als eine Woche im Voraus, eben dann, wenn ich es brauche, weil ich platt bin. In allen anderen Bereichen genau so. Man hat die Vorstellung weniger zu leisten und ein kleiner Versager zu sein, man nimmt Erschöpfung auch nicht unbedingt wahr. Du leistest aber nicht weniger. Überlege Dir mal, was so auf Dich einprügelt und was auf die Menschen in Deiner Umgebung (und auch die hätten es leichter, wenn sie mehr auf Erschöpfung achten) und Du weißt, dass Du gewiß nicht weniger leistest, auch wenn Dein Akku eher runter ist. Achte darauf.
2) Lerne Dich selbst so genau kennen wie möglich.
Nimm Dir jeden Abend eine halbe Stunde fest Zeit. Nicht unmittelbar vor dem Schlafengehen, es kann durchaus (vor allem am Anfang) überaus sinnvoll sein, danach ebenso fest geplante Streicheleinheiten für die Seele einzubauen, etwas, womit Du Dich selbst behaglich schnurrend verwöhnst.
Schreibe alles auf, was auffällig war. Wirklich schreiben. Du wirst feststellen, Du denkst über etwas, was Du aufschreibst anders nach, als etwas was Du in Gedanken wendest.
Was ist passiert? Was war Auslöser? Was ist geschehen, was hast Du wahrgenommen? Wie hast Du reagiert? Wenn Dir andere Menschen dafür nahe genug stehen - beziehe sie mit ein. Stichwort Wahrnehmung. Aber überlege Dir vorher Regeln - und teile sie dem anderen mit. Die wichtigste von allen: ein "STOP" von Dir sollte bedingungs-, kommentar- und diskussionslos als "STOP" resepktiert werden. Das schützt Dich - wenn Du der Versuchung widerstehst, es zu mißbrauchen, um unangenehmes zu umgehen, ABER Du darfst dann auch kein "zeig mir, dass ich Dir wichtig bin und dass Dein Interesse an mir echt ist, indem Du hartnäckig trotzdem alles jetzt wissen willst" erwarten.
Schreibe auch körperliche Reaktionen auf.
überhaupt Reaktionen nicht zu leicht nehmen. Irgendwann willst Du mal ganz zeitig erkennen, dass Du gerade auf einem falschen Weg bist. Wenn Du weißt, dass sich Konzentrationsprobleme oft darin äußeren, dass andere nicht verstehen, was Du mit dem meinst, was Du sagst, oder Du weißt, dass Du eine bestimmte Art Kopfschmerzen kriegst, wenn Deine Emotionen anfangen Amok zu laufen oder Du weißt, dass Du anfängst zu frieren, starken Wunsch, wegzulaufen, aggressiv wirst, ... was auch immer in bestimmten Situationen, hast Du Marker, Warnzeichen. Dann kannst weißt Du beim nächsten Male, wo Dich jemand mehrfach hintereinander irritiert anschaut, dass Du gerade dabei bist, Dich zu überanstrengen. Du weißt beim Kopfweh, dass Du dringend mal auf die Bremse treten mußt usw.
Frage Menschen, die Dich halbwegs kennen, manche haben genügend Wahrnehmungsvermögen, dass sie Dir äußere Anzeichen nennen können, wann Du gerade "anfängst durchzudrehen".
3) Wahrnehmung - ich glaube, dazu schreibe ich noch einen eigenen Beitrag. Mach Dir eine Liste üblicher Symptome, dass Du Deiner Wahrnehmung nicht trauen kannst. ... Rest in einem eigenen Beitrag hier.
Vergiß bei allem keinesfalls, das positive mit aufzuschreiben. Die Liste jedes Tages sollte immer 3 Dinge enthalten, die schön waren und / oder angenehm und / oder Dich lächeln ließen. Auch das kann man als Mechanismen programmieren bzw verstärken und immer nutzen. Außerdem trainiert das Deine Wahrnehmung darauf, auch das positive wahrzunehmen, nicht nur die Belastungen. Können kleine Dinge sein. Ein leckerer Apfel, ein Mensch, der Dich angelächelt hat, Sonnenaufgang, Blume am Wegesrand - es muß nicht frisch verliebt, Lottogewinn und Beförderung im Job mit verdoppeltem Gehalt sein. Aber den Stift nicht aus der Hand legen, bis Du min 3 Punkte aufgetrieben hast.
Danach hast Du ein wenig ein "Handbuch" von Dir, eine "Bedienungsanleitung", auf der Du aufbauen kannst. Du wirst auch beim Schreiben schon viel lernen, was Dir später hilft. Versprochen.
Das sind die ersten Schritte dazu, Deinen Gefühlen nicht mehr hilflos ausgeliefert zu sein, der erste Schritt zu Kontrolle statt dem verzweifelten Versuch, es irgendwie still werden zu lassen.