Es ist für Menschen, die uns nahe stehen oft schwerer als für uns selbst...
So blöde das klingt - Du kannst fast nichts tun.
Deswegen gibt es auch keinen Grund, sich schuldig zu fühlen.
Zu Selbstverletzung kann man wenig pauschales sagen, es gibt so viele Unterschiede in dem, was es für jeden von uns bedeutet, wodurch es ausgelöst wird usw.
Deine Freundin muss ihr Leben ändern und ihre Art, mit sich und ihrem Leben umzugehen.
Dazu muss sie das erstens und vor allem einmal wollen. Für Dich mag es logisch erscheinen, dass sie damit aufhören muss - für uns ist es das nicht.
Gründe um etwas daran zu ändern:
Es ist (für fast alle) eine Sucht. Das Verlangen wird immer mehr, immer stärker.
Narben sind für viele ein Problem, an dem sie jahrelang danach noch kauen - aber das spielt in dem Moment nicht unbedingt eine Rolle.
Hauptgrund: sie verbessert damit ihre Situation nicht. Es hilft nur kurzfristig, aber es bringt sie aus den seelischen Schmerzen, aus den Ursachen nicht heraus.
Ein ganz wichtiger Hinweis: über Selbstverletzung zu sprechen verstärkt die Sehn-sucht danach - teilweise dramatisch. Selbst wenn ich mich mit einem anderen Menschen unterhalte, der sich auch verletzt, ist das immer ein Tanz auf dem Vulkan. Man muss sehr genau einschätzen können, wie weit derjenige gerade in dem Moment noch Kontrolle hat und wie sich das entwickelt. Also behandle das Thema mit Samthandschuhe und ganz, ganz wichtig: In unserer Kultur wird ein "Stopp, ich will nicht darüber reden" oft als "zeig mir, dass ich Dir wichtig bin, indem Du weiter dran bleibst" verstanden - In diesem Falle *nicht*! Wenn sie Stopp sagt, ist die Diskussion sofort und kommentarlos erst mal beendet. Sag ihr das auch genau so - für den Fall, dass sie selbst ein "zeig mir, dass ich Dir wichtig bin, indem Du weiter dran bleibst" erwartet. Aber ein "Stopp" in welcher Form auch immer musst Du akzeptieren, Du kannst sie sonst zu leicht in Gefahr bringen.
Schone und stütze sie nicht zu sehr. Natürlich solltest Du Rücksicht nehmen, aber packe sie keinesfalls in Watte, stell nicht immer alles andere zurück, nimm nicht immer Rücksicht, achte darauf auch Grenzen zu setzen - und zu verteidigen.
Ja, den Rest muss sie selbst tun. Man kann lernen, das Verlangen danach zu kanalisieren, vor allem aber sollte man natürlich sehen, dass man die Konflikte entschärft, dass man dafür sorgt, dass die Schmerzen nicht so stark werden, dass man einfach nur noch das Verlangen hat, sich ... naja, ich spreche es mal lieber nicht aus, falls jemand mit dem gleichen Verlangen liest.
Wenn sie noch nie oder noch nicht oft in einer Therapie war, wäre es ratsam für sie, sich Hilfe zu suchen. Wenn sie - wie so viele - schon mehrere vergebliche Versuche hinter sich hat, wäre es erwägenswert, nach Alternativen zu suchen.
Der Punkt ist letztlich der: wenn sie selbst es will, kann sie es ändern. Aber Du kannst weder dafür sorgen, dass sie es will noch kannst Du es für sie ändern.