Hilfe zur Selbsthilfe
Hallo Petra,
ich möchte dir mit diesem Schreiben ein paar Tipps geben, wie man mit dem großen Thema Angst, besser umgehen kann.
Ich werde dir aber nicht helfen können deine Ängste zu bewältigen, denn nur der Betroffene selbst kann sich helfen!
Ich habe ähnliches bereits einem anderen im Forum gepostet, aber es ist mir ganz wichtig immer darauf hinzuweisen, dass es hier um das eigene Leben geht und jeder ein Recht darauf hat es lebendig und aktiv zu gestalten. Du bist sozusagen die Meisterin deines Lebens und musst hier deshalb alleine durch. Aber das schaffst du auch! Denn wer zwei Kinder zur Welt bringt und sich Selbständig gemacht hat, der hat schon viel mehr geschafft, als die Aufgabe die jetzt auf dich zu kommt!
Du sagst deine Panikattacken kamen ganz plötzlich, ohne erkennbaren Grund. Und du hättest eigentlich gar keinen Grund dich umzubringen!
Es wird aber ganz Sicher Auslöser für deine Angstphobie geben. Ich könnte mir vorstellen, dass du dich eventuell selber stark unter Druck setzt ohne es direkt zu bemerken. Das du von dir Perfektion im Beruf, als Mutter, Ehefrau, Freundin usw. erwartest. Viele Menschen stellen Ansprüche an sich selbst ohne zu sehen, das diese viel zu hoch gegriffen und nicht umsetzbar sind. Darauf folgt Frustration über die nicht erreichten Ziele, das führt dazu das dein Selbstwertgefühl sinkt. Der Beginn eines Teufelskreises.
Wenn du den Druck nicht von dir nimmst, dann zeigt dein Körper und deine Psyche dir halt auf anderem Wege, dass du besser mit dir umgehen musst!
Du schreibst, dass du dich bereits selbst Therapiert hattest und im August 2006 plötzlich wieder eine Panikattacke durchleben musstest. Ich nehme deshalb an, dass deine Angst bzw. die wahre Ursache für deine Ängste nicht behoben wurden und sich nun in neuer Gestalt zeigen, sich also verlagert haben. Und das wird immer so weiter gehen, wenn du nur Symptombehandlung betreibst.
Deine Panikattacken könnten durch eine Vielzahl von Faktoren ausgelöst worden sein. Hierzu zählen wie bereits kurz beschrieben, Lebensstress, physische Krankheiten, Grippe oder Virenerkrankung, Geburt eines Kindes, Drogenmissbrauch usw.
Ich finde schon das in deinem Fall eine erneute Therapie nötig ist, insbesondere wenn gewisse suizidale Faktoren dazu kommen. Möglicherweise hat dein Therapeut nach einem für dich ungeeignetem Konzept gearbeitet, hat z.B. zu schnell, zu viel von dir erwartet und deshalb ging es dir von Sitzung zu Sitzung schlechter. Deshalb solltest du aber nicht länger zögern, sondern dir einen neuen Therapeuten suchen. Eventuell ein Psychologe der die Kognitive Therapie
anwendet. Kontaktiere unter Umständen eine Organisation (z.B. Verhaltensambulanz) in deiner Nähe, die sich mit Angststörungen befasst. Dort erhälst du Informationen, Adressen usw.
Ängste sind in aller Regel von körperlichen Symptomen, vor allem auch von Verspannungen begleitet. Die wiederum negativ auf die Angstsymptomatik und die körperlichen Symptome zurück wirken und diese verstärken oder zumindest aufrechterhalten. Deshalb ist ein wichtiger Ansatz bei der Angsttherapie die Beseitigung von Spannungen durch Entspannungsmethoden.
Ich möchte dir dringend ans Herz legen, das du eine Methode der Stressreduktion erlernst. Am besten wäre dazu ein Kurs z.B. von der VHS geeignet, denn so kommst du unter Leute, stärkst deine sozialen Kontakte und hast Fachleute als Ansprechpartner, das ist besser als die Methode aus einem Buch zu lernen. Am besten sind das Autogene Training nach J.H. Schulz und die Tiefenmuskelentspannung nach Edmund Jacobson.
Es gibt aber auch ganz gute CDs z.B. von "Dahlke" (Angstfrei leben), die man Ergänzend benutzen kann!
Der Schlüssel für eine wirkliche Stressbewältigung liegt in einer positiven, dynamischen Lebenshaltung, statt einer passiven Lebenshaltung. Deshalb hilft es zudem auch den Tag damit zu beginnen, in aller Ruhe das Tagespensum festlegen. Die Ziele nach ihrer Wichtigkeit zu Ordnen, so kann das Unwichtigere immer noch verschoben werden.
Es sollten dort auch gezielt Pausen eingetragen werden, die nur für einen selber sind! Und auch die Zeit für Entspannungsübungen und Sport sollten eingetragen und eingehalten werden! Denn die körperliche Anspannung erfordert körperliche Bewegung zur Abreaktion.
Forscher haben übrigens heraus gefunden, dass regelmäßigen Tagebuchschreiben und Besprechen eines Tonbandes bei großem inneren Druck einen therapeutischen Effekt hat. Nimm dir für deine Angstgedanken täglich etwas Zeit (10 Minuten können ausreichend sein) und schreib in Tagebuchform auf, was dich gerade beschäftigt. Schreibe in Angstsituationen oder möglichst danach alles auf, was du gerade denkst und zu dir sagst. Oder sprich derartige Gedanken auch nach freiem Einfall auf ein Tonband. Lies und höre dir deine Aufzeichnungen immer wieder an, um dich damit auseinander zu setzen, bis die entsprechenden Dinge für dich "erledigt" sind. Beim Schreiben oder Reden zwingst du dich nämlich dazu, die konfusen Gedanken zu ordnen und damit Lösungsweg anzupeilen.
Auch eine Selbsthilfegruppe ist zu einer Therapie sehr zu empfehlen, da dort mit Betroffenen auf Augenhöhe geredet werden kann. Ich habe bei dir auch das Gefühl, das es für dich ganz besonders wichtig ist, jemanden zu haben der dir zuhört und dich versteht, der dich Aufbaut wenn es dir schlecht geht und dir Zuspruch gibt oder dich Lobt, wenn du etwas erfolgreich bewältigt hast!
Und was das A und O bei jeder Angstbewältigung ist:
Wer Angst vorm Auto fahren hat, muss ins Auto steigen und fahren, wer Angst vorm Alleinsein hat, muss Alleinsein! Machen! Erleben! Reingehen in die Angst! Immer und immer wieder. Täglich üben. Täglich erfahren, dass die Angst weniger wird. Angst ist heilbar, wenn man sich ihr aussetzt! Also ganz, ganz wichtig: Stell dich deinen Angstsituationen, ohne auszuweichen! Wenn man den angstmachenden Situationen ausweicht, wird die eigene Angst für die Zukunft fixiert, das Selbstvertrauen reduziert und die Abhängigkeit von anderen Menschen oder Medikamenten verstärkt.
Deshalb ganz konkret: Steck dir wöchentliche Ziele und dokumentiere diese in einem sogenannten Erfolgstagebuch (nicht Angsttagebuch, du willst dich ja mit deinen Erfolgen beschäftigen!). Schreibe auf was genau du wann und wie üben willst und schreibe anschließend auf wie es für dich war, aber konzentriere dich auf die positiven Dinge!
z.B. Montag: ins Auto setzen und eine kürzere Stecke fahren -immer und immer wieder. Setzt dir eine Zeitspanne, sagen wir zu Beginn 15 Minuten. (Je nachdem wie groß deine Angst konkret ist auch länger). Und halte diese auch ein. Du gibst nicht auf, sondern durchlebst bewußt diese Situation. Dabei kommt es zunächst zu einem Angstanstieg. Gedanken die Kontrolle zu verlieren oder dass etwas Schreckliches passieren könnte, wenn man in der Situation bleibt, sind normal und müssen ausgehalten werden! In Wirklichkeit handelt es sich bei der Angst um eine Körperreaktion, die von ganz allein nachlässt, wenn der Betroffene lange genug in der Situation bleibt. Steuere bei negativen Gedanken lieber mit realen Gedanken dagegen:"Ich habe solche Situationen selbst schon oft gemeistert und schaffe es jetzt auch wieder! Ich bleibe in dieser Situation und Sicher und Gelassen. Wenn die Angst kommt lasse ich sie zu und bewältige sie!"
Wenn diese Situationen regelmäßig geübt werden, kommt es immer schneller zum Angstabfall und die Angst steigt auch nicht mehr auf so hohes Niveau an.
Zu Beginn ist es sinnvoll eine Begleitperson mit zu nehmen, die einfach nur da ist. Sie sollte auf keinen Fall Kritisieren, sondern ermuntern! Nach 1-2 Wochen täglichen Übens, beginnst du alleine zu fahren. Und so weiter und so weiter. Steck dir Ziele die du erreichen willst. z.B. könnte das Fernziel sein, alleine mit dem Auto zu einem Ort zu fahren (Kino, See etc.), um dort alleine etwas zu unternehmen. Das fördert auch die eigene Unabhängigkeit, insbesondere vom Partner/der Familie.
Aber alles nützt nichts, wenn du die Ursache deiner Angst nicht bekämpfst. Eine Freundin von mir hatte auch Angst beim Auto fahren auf der Autobahn, bei ihr war die Ursache der Angst das sie nie NEIN sagen konnte und immer brav ihre Aufgaben (und die der Anderen) ausgeführt hat und im Grunde total überfordert war mit allem (Burn-out)! Hinzu kam die Angst vor dem Tod/Sterben. Sie musste sich also auch mit diesen Themen auseinander setzten und sie beheben, ansonsten wäre die Ängst früher oder später immer wieder gekommen! So wie bei dir! Aber sie hat es erfolgreich geschafft und das wirst du auch!
Denn wo Schatten ist, da ist auch Licht!
Alle Gute wünsche ich dir! Und pack es an!