Dass mein Freund spielsüchtig ist, da bin ich mir ziemlich sicher...
Angefangen hat das alles vor ungefähr drei Jahren. Ist aber schwer zu beschreiben. Sobald er Geld in der Hand hat, denkt er schon ab dem Aufstehen daran, ins Casino zu gehen. Bleibt manchmal bis spät in die Nacht weg, ohne mir Bescheid zu geben. Bis vor einem Monat war es wenigstens so, dass er das Geld für Rechnungen nicht angerührt hat, aber letzten Monat kam er am 2. nach hause, ohne einen Cent in der Tasche.. Ich weiß, dass ich ihm eigentlich nichts hätte geben dürfen für die Rechnungen, aber ich finde immer wieder Ausreden, wieso ich ihm helfen muss.. Eine typische Co-Abhängigkeit glaube ich? Aber niemand versteht mich..
Ich bin aufgewachsen mit einem Vater, der bis heute stark alkoholabhängig ist, ich weiß also, wie das mit einem Süchtigen abläuft, und bis heute belastet ich das auch noch sehr stark. Mit meinem Vater rede ich mittlerweile kein Wort mehr, und auch mit meinen vier Geschwistern nicht (da er es ihnen verbietet..). Ich bin die einzige aus meiner Familie, die ihr Abitur macht, mein Vater hat nicht einmal einen Abschluss, und seit meine Mutter weg ist... bestimmt er auch den Werdegang meiner Geschwister. Hauptschule reicht - seine Devise. Als ich in die fünfte Klasse gekommen bin hat sich meine Mutter sehr für mich eingesetzt, deswegen erst das Gymnasium, doch als wir zu meinem Vater gezogen sind, ist alles außer Kontrolle geraten. ich bin jetzt 22, die Freundin meines Vaters 23. Sie setzt ihm besonders wenn er viel intus hat Flausen in die Kopf (zb ich geh auf den stricht, oder ich würde ihn anzeigen, ihm die kinder wegnehmen etc..). Das traurige ist, dass mein Vater ihr glaubt. Auch als ich noch zuhause "gewohnt" habe, musste ich viele Nächte auf der Strasse verbringen, bis heute denkt mein Vater er sei im Recht und behandelt mich wie ein minderwertiges Stück Dreck. Ich war so unendlich froh, dass ich bei den Eltern meines jetzigen Freundes unterkommen konnte. Sie haben mir so viel ermöglicht und mich fast ein Jahr finanziell unterstützt, weil mein Vater mein Kindergeld unterschlagen hat und mich aus der Krankenversicherung gestrichen hat. Ich hab es nicht über mich gebracht zu arbeiten, aber nicht weil - wie alle denken wegen faulheit odr meinem vater - sondern wegen meinen vier jüngeren Geschwistern. mein Geld wäre ihnen abgezoigen worden, sie konnten die Miete so schon kaum zahlen, und ich hätte mich schuldig gefühlt, wenn vier kleine Kinder auf der Strasse sitzen.. Mittlerweile lebe ich alleine mit meinem Freund in dem Haus seines Opas. Mein Freund ist 21 und verbringt seine Freizeit - sobald er Geld in der Hand hat - nahezu außnahmslos in Spielhallen. Ich hab auch schon Momente erlebt in denen er geweint hat, weil er aufhören WOLLTE aber nicht KONNTE. Im Nachhinein weiß er immer, dass ich Recht hatte, aber in letzter Zeit passiert es immer öfter, dass er von vornherein den Spieß umdreht. Sagt beispielsweise Sachen wie "Du brauchst doch gar nichts über Geld sagen, du hast ja auch keines" (Er schon, seine Eltern haben mehrere Konten im siebenstelligen Bereich) oder "du machst dich doch selbst schlecht gelaunt, lass mich doch, ist doch min Leben!" er versteht nicht, warum mich das ganze so mitnimmt, vor allem mit meiner Vergangenheit, weil sie - wie er so schön sagt - doch eben Vergangenheit ist. Ich will das ganze nicht nochmal mitmachen, ich weiß was eine Sucht zerstören kann, und ich weiß, dass ich meinen Freund mit meiner Paranoia auch mehr als einmal selbst ins Casino getrieben habe, aber ich kann mir nicht mehr weiter helfen, ich kann diesen Teil von mir auch nicht abstellen!
verlassen möchte ich meinen Freund eigentlich nicht, er ist eigentlich ein sehr lieber und einfühlsamer Mensch, dem ich auch etwas bedeute (nur wenn es um seine sucht geht, sieht er rot). Auch deswegen, weil ich seiner Familie alles verdanke, was ich geschafft habe. Ich war am Abgrund und sie haben mich aufgefangen, mir eine Zukunft gegeben, obwohl ich nicht mal zu ihrer Familie gehöre..
Mein Freund sagt, er wünscht sich nichts lieber, als dass ich einfach aufhöre, ihn machen lasse, er würde schon von alleine auf die Nase fallen. Aber durch mein Verhalten geht er immer öfter, das weiß ich.. Wie kann ich das abstellen, wie schaffe ich es, endlich auf mich selbst zu schauen, was ich in meinem Leben noch nie getan habe? Wie schaffe ich es über den Verlust meiner Familie hinweg zu kommen, die ich so sehr liebe und brauche? Wie schaffe ich es endlich ein normales Leben zu führen?
Denen unter euch, die schon älter sind mag das dumm und kindisch vorkommen, vor allem, weil ich noch so jung bin. Aber ich kann nur sagen, dass ich mich wirklich nicht wohl fühle, und keinen Ausweg aus der Situation finde.
Meine Co-Abhängigkeit treibt ihn nur weiter in die Spielsucht, und aufgeben will ich nicht. Ich bin der Meinung, dass man nich t aufgeben darf, was man liebt.. Ich bitte um Ratschläge, danke..