Liebe Bandit,
ich wurde, als ich ein Kind, war auch missbraucht, ich schätze ca. 5 Jahre. Irgendwann trennte sich meine Mutter von meinem Stiefvater, ich entwickelte mich normal zum Teenaer, hatte Freunde und ging auf Partys, ich fühlte mich frei und ungezwungen. Ich machte den Real, danach das Abitur, anschließend eine Ausbildung und weil mir das nicht genug ist mache ich noch eine Ausbildung oder auch ein Studium.
Ich habe damals nach der Trennung meinem Bruder davon erzählt, kurze Zeit später meiner Mutter. Ich weiß wie du dich fühlst, wenn einem die Mutter Vorwürfe macht. In meinem Fall hat sie mir knallhart rangehauen, dass ich lüge und sie mir nicht glaubt. Mittlerweile habe ich aufgehört zuhoffen, dass sie es irgendwann einsehen wird, dass es so war... sie wüde es nie zugeben, welche Mutter will schon wahr haben, dass sie versagt hat - keine. Hake das Thema Mutter ab, sei freundlich zu ihr, aber distanziert. Ich kann ihr nicht böse sein, sie war selber eines seiner Opfer Gewalt, wurde aber nicht missbraucht. Zeige Größe so wie ich es tue und stehe darüber.
Dadurch ich dann angefangen habe zu verdrängen und meine Mutter mir eingeredet hat, dass das alles nicht wahr ist, habe ich den Fokus in meinem Leben auf meine Weiterentwicklung gelegt. Der Missbrauch rutschte in den Hintergrund und ich kümmerte mich um Sachen, die in diesem Moment wichtiger waren. Natürlich beschlich mich jeden Tag das Gefühl, dass aber was passiert ist damals und dass ich mir das nicht einbilde. Ich hatte, so paradox es klingt, jeden Tag die Zeit des Missbrauchs im Kopf - bis heute. Ich habe einfach nur funktioniert und das musste ich auch, damit ich normal leben konnte. Ich habe "überlebt" und dieser Modus hielt so lange an, bis ich im Berufsleben angekommen war.
Mit steigender Verantwortung im Beruf, stieg auch der Druck in mir und somit das Bedürfnis, endlich einen Schlussstrich darunter zu ziehen. Ich wollte das Kapitel "Missbrauch" abhaken, weil es mich in Drucksituationen immer wieder überfiel. Ich war nur am heulen, träumte schlecht und fühlte mich allein gelassen.
Seit einem Jahr bin ich in psychotherapeutischer Behandlung, beginnend mit einer Verahltenstherapie, welche mir Verhaltensmuster aufgezeigt hat, die ich mir durch den Missbrauch UNBEWUSST angeignet habe, nur um zu überleben/zu funktionieren. Da dieser Modus immer noch aktiv ist, lerne ich gerade, diese Macken abzulegen, welche damals hilfreich waren, mich jetzt aber als Erwachsener daran hintern, normal zu leben. Erst dann kann man auch mit einer Traumatherapie beginnen.
Ich wollte dich nicht zu labern, aber ich weiß wie es dir geht. Pack deine Ausbildung an - ich habe es auch geschafft. Stelle dich als Opfer dar, sondern gehe deinen Weg. Wenn man mich sieht, würde man NIEMALS denken, dass ich so eine Scheiße durchgemacht habe. (so Sachen wie mit der Axt durchs Haus rennen und alles kleinhacken,missbrauchen, Alkohol- und Gewaltexzesse)
Ich wünsche Dir alles Gute, schmeiße dein Leben nicht weg, nur weil damals so eine scheiße passiert ist. Wenn du nicht anfängst zu reden und dir durch den Hausarzt nicht helfen lässt, wird dir niemand helfen können, nur du hast es in der Hand.
Liebe Grüße
leiseflocke ;-)