Hallo zusammen,
meine Mutter ist seit ungefähr 15 Jahren psychisch krank, die Krankheit begann bei ihr noch vor dem 40. Geburtstag. Zu dieser Zeit bin ich das erste Mal von zuhause ausgezogen, während der Zeit, in der ich in den Umzugsvorbereitungen war und mich eigentlich auf mein neues eigenständiges Leben mit meinem Freund gefreut habe, wurde es mit ihr immer schlimmer. Zu der Zeit wußte ich allerdings nicht, was mit ihr loswar, habe ihre Schimpfereien von längst vergangenen Problemen mit anderen (Vater, Oma, Bruder, Verwandte, Bekannte) total ernst genommen, sie redetet von Scheidung und allem möglichen, dann wurde sie depressiv. Ich konnte an nichts mehr denken, als daß ich ihr helfen muß, habe sie ins Kino geschleppt, ins Cafe, ihr zugeredet, sie hat zuletzt nichts mehr essen wollen, aber immer versucht, das alles vor meinem Vater und Bruder zu verheimlichen, nur mir hat sie ständig vorgejammert. Es war eine schreckliche Zeit. Dann hat sie versucht, sich das Leben zu nehmen und kam in die Klinik. Eine Weile war ihr Zustand stabil. Meine Beziehung ging innerhalb eines Jahres in die Brüche, ich war auch nicht mehr die, die ich vorher war. Ich zog wieder zuhause ein und hatte den Eindruck, daß es ihr besser ging. Nach wiederum einem guten Jahr hatte ich einen neuen Freund, mit dem ich nach ein paar Monaten in den Urlaub flog, als wir wieder zurückkamen war sie wieder in der Klinik, weil es ihr wieder so schlecht ging. Ich hatte auch oft ein schlechtes Gewissen, daß ich schuld sein könnte daran, weil sie schwanger wurde mit mir und heiraten mußte und nie ein eigenständiges Leben führen konnte. Habe sie ermutigt, eine Arbeit zu suchen. Habe sie in den Gymnastikkurs mitgenommen, ins Theater und alles mögliche. Unser Verhältnis hat sich aber seit dem Beginn ihrer Krankheit nicht gebessert, im Gegenteil, normale Unterhaltungen sind nicht mehr möglich. Ich kann nicht damit umgehen, kann sie mittlerweile nicht mehr ernstnehmen. Meine Beziehung ging wiederum in die Brüche, ich hatte wieder einen neuen Freund, sie wurde wieder depressiv. Ich habe diesmal mehr Abstand gehalten, weil ich irgendwann mein eigenes Leben leben wollte, eine eigene Familie gründen. Nach langer Zeit des Wartens wurde ich endlich schwanger (4 Jahre), und jetzt ging es erst richtig los. Es war die Hölle, sie bekam eine solche manische Phase, daß ich schon Angst hatte, ans Telefon zu gehen, da ich eh an Schlafmangel litt wegen meinem Kind und keine guten Nerven habe und da schon gar nicht mehr. Sie hat sinnlos Geld ausgegeben, obwohl mein Vater zu der Zeit arbeitslos war, unmöglich und peinliche Sachen gemacht, war streitsüchtig, hat mit jedem über alles geredet, auch über vertrauliche Sachen, z.B. daß ich jahrelang nicht schwanger geworden bin. Mir ist eines Tages der Kragen geplatzt, ich hab sie angeschrien, daß sie nicht das ganze Geld ausgeben soll und daß mein Papa mit den Nerven am Ende ist, sie meinte nur, daß das bestimmt nicht ihre Schuld wäre (ist immer meine) und ob ich wollte, daß sie wieder ins Krankenhaus muß. Es kam dann auch irgendwann soweit (normalerweise hätte man sie entmündigen sollen, aber das haben wir nicht übers Herz gebracht), sie wurde wieder depressiv, wollte sich dann wieder das Leben nehmen und landete wieder in der Klinik, wo sie endlich einsah, daß sie Litium nehmen muß, damit das nicht wieder passiert, was sie bisher rigoros abgelehnt hat. Das Ende vom Lied war, daß meine Ehe in die Brüche ging, wir hatten noch bei meiner Großmutter im Haus gelebt, wobei sich meine Mutter/meine Familie sehr in unser Leben eingemischt hat und mein Mann diese Belastung nicht mehr ausgehalten hat genauso wie ich, wir sind in die Stadt gezogen, um Abstand zu bekommen, die Ehe ging trotzdem nach einem Jahr in die Brüche. Ich zog wieder ins Haus meiner Großmutter zurück, die mir dort eine Wohnung überschrieben hat. Meine Oma ist vor dem Umzug verstorben, auch da war ich die Böse, weil ich mich zu wenig um die Oma gekümmert habe, meine Mutter hatte ja immer die Ausrede, daß sie krank sei. Ich hab das alles nicht mehr geschafft, ich bin auch immer arbeiten gegangen, um eigenständig zu bleiben, aber im Grunde hätte meine Familie von mir erwartet, daß ich zuhause bleibe und mich um die Oma kümmere. Ich hab getan was ich konnte, aber es wurde mir von meiner Mutter so hingedreht, als sei ich die Böse. Es war schrecklich, als meine Oma gestorben ist, konnte ich eine Woche nur noch weinen, hatte selber Schuldgefühle, weil ich oft ungeduldig mit ihr war. Meine Mutter konnte nicht trauern, sie hat uns noch mit den Worten getröstet, daß sie ja nur "schläft". Das Leiden der Oma mit anzusehen, war schrecklich, ich bin mit meiner Mutter immer 1 Stunde gefahren, um sie besuchen zu können. Man hätte die Oma auch in ein Krankenhaus in der Nähe verlegen können, mein Vater sagte auch, daß er meine, daß es nicht mehr lange gehen wird mit ihr. Da hatte ich kein Mitspracherecht, um sie leichter besuchen zu können. Ich kriege immer den Schwarzen Peter zugeschoben.
Jedenfalls war ja noch meiner Trennung von meinem Mann wieder große Zufriedenheit bei meiner Familie, weil ich wieder ins Haus der Oma eingezogen bin, sie haben ja mit meinem Mann nicht mehr geredet, weil wir ausgezogen sind, sie konnten das nicht akzeptieren, ich stand immer dazwischen und mußte mir von beiden Seiten alles anhören. Jetzt suche ich natürlich wieder einen Partner bzw. habe einen gefunden, und von meiner Mutter kommen nur negative Sachen, sie ist streitsüchtig, negativ, wirft mir wieder die unmöglichsten Dinge vor. Meine Schwägerin, die dort im Haus lebt, schaut mich nicht an, wenn sie mich grüßt, gibt mir patzige Antworten und als ich sie darauf angesprochen habe, ob sie ein Problem mit mir hat, hat sie gesagt, ja, so wie ich zu meiner Mutter bin und wie ich meinen Sohn abschiebe, hat sie ein Problem mit mir. Ich muß aber arbeiten gehen, um für uns beide zu sorgen, und wenn mein Sohn ein Mal die Woche übernachtet bei Oma und Opa ist das nur "Abschieben", weil ich in der Zeit mit meinem Freund etwas unternehmen möchte, um erst mal zu sehen, ob die Beziehung was taugt, bevor der Mann dann z.B. bei uns übernachtet, wenn mein Sohn da ist. Ich bin hier wieder die Böse. Es ist so, daß ich den Kontakt zu meiner Mutter extrem reduziert habe, nur das nötigste rede, der Kleine so selten wie möglich bei ihr sein soll, weil zu viel Kontakt zu psychisch kranken Menschen für mein Kind leider nicht gut ist. Seit April hätte er statt bis 12 Uhr bis 14 Uhr in den Kindergarten gehen sollen, erstens damit ich mehr STunden arbeiten kann und zweitens, daß wir nicht täglich (war nahezu so) bei der Oma antanzen müssen, das würde sie nämlich verlangen, aber gleichzeitig sagen, daß wir eh nie zuhause sind. Es ist unerträglich und wenn mein Sohn nicht wäre, der seine Oma mag, dann würde ich fast nicht mehr dorthin fahren. Was ohnehin glaube ich das Beste wäre. Meine restliche Familie tut mir leid. Meine Mutter hat noch nie eine wirklich Therapie versucht, außer Krankenhaus und Tabletten, verläßt sich voll darauf, daß sie ja uns hat und mit uns machen kann, was sie will, weil sie ja krank ist und wir für sie da sein müssen. Aber ich sehe es nicht mehr ein und möchte endlich meine eigenes Leben haben, meine eigene Familie (bin jetzt 35, wie lange hat mich meine Mutter noch im Griff, das hat leider auf ihre Weise) Schön wäre es, wenn man die Oma/Mama hin und wieder besuchen kann ohne Vorwürfe zu hören...aber weil ich nicht mehr so spure, wie sie will, versucht sie es wohl so, daß sie nur schlecht von mir redet und ich eben die Böse bin und sie mich so wieder treffen kann. Mir eben ein schlechtes Gewissen macht, mir Vorwürfe macht.
So, jetzt hab ich mir mal ein wenig von der Seele geredet, aber es ist ein Leiden ohne Ende und ich denke es wird noch etliche Jahre so weitergehen. Was soll ich tun, ich kann nicht so tun, als wäre die Welt in Ordnung. Sie ist krank und wird es wohl nie schaffen, daß sich was ändert, weil sie das gar nicht wirklich will. Ich hab es lange versucht, aber ich schaffe es nicht, und will mich nicht "aufopfern" für sie und irgendwie glaube ich, kann ich ihr auch nicht verzeihen. Ich weiß, es ist eine Krankheit, aber sie benutzt diese Krankheit doch auch auf ihre Weise.
Geht es irgendwem ähnlich wie mir? Wie geht ihr damit um? Ich mag mich nicht streiten, bin der friedlichste Mensch, aber sie schafft es immer wieder, mich innerlich fertig zu machen, bis ich halt manchmal nicht anders kann und mir lauthals Luft machen muß, auch wenn sie dann wieder sagt: Du kannst nicht so mit mir reden, ich bin doch krank! Worauf ich letztes Mal sagte, wenn sie so weitermacht, dann werde ich auch noch krank!
LG Sandra