linnet_12732611Meine Vorgeschichte
Hallo Sabine,
vielen Dank für deine nette Antwort...
es ist schön zu wissen, dass ich mit meinen Problemen nicht alleine auf der Welt bin.... Das kommt mir häufig so vor, aber im Endeffekt ist es wohl einfach so, dass die Menschen, denen es wirklich schlecht geht, auch zu denen Menschen gehören, die sich oder ihre Situation am ehesten vor anderen verschließen...
Zu lesen, wie es dir ergangen ist, tut mir aufrichtig leid :(
Wie hat sich denn deine Situation für dich entwickelt? Geht es dir mittlerweile wieder besser, und bist du wieder in der Lage, deine Studium fortzusetzen?
Was deine Fragen betrifft: Mein Leiden hat im Endeffekt mit meiner Geburt begonnen, als das Ergebnis zweier Menschen, die einfach nur geil waren, ohne an Konsequenzen zu denken. Zwei Menschen, die psychisch erheblich geschädigt sind, über kein Geld oder eine anständige Berufsausbildung verfügten, und nur an sich dachten, ihr eigenes Wohl, ihr eigenes Glück...
Dass ihre Lust in meiner Geburt resultiert ist, hat dann schließlich dazu geführt, dass die beiden geheiratet haben, und damit war die *** dann am dampfen... Mein Vater war mit seiner Rolle völlig überfordert, aber dachte sich, er erzieht mich jetzt einfach mal zu einem richtigen Kerl, und meine Mutter wollte einfach nur ihre Ruhe haben, hat mir alle Hausarbeiten aufgebürdet, die ich bewältigen konnte, und hat mich ansonsten zum Teufel gewünscht...
Überschattet wurde das ganze von einem permanenten, üblen Geldmangel, permanenten Streitereien zwischen meinen Eltern, und Prügeln, die ich bei jeder Gelegenheit bezog. Im Endeffekt haben meine Eltern ihren Hass auf das Leben an mir ausgelassen, und das ganze dann Erziehung genannt...
Bereits in meiner Jugend war ich psychisch so dermaßen fertig, dass ich nur noch sterben wollte... Als ich dann in die weiterführende Schule kam, wurde das ganze dann noch schlimmer: Der Kleidertrend begann, und Menschen wurden anhand ihres Äußeren beurteilt. Da wir noch immer in Armut lebten, war ich auch entsprechend belanglos gekleidet, und damit das Opfer meiner Wohlhabenden Mitschüler. Die Jungen verlachten mich und schlugen mich, die Mädchen sahen mich an wie ein Insekt. Und da ich mein Leben lang nur erfahren hatte, wie wertlo und lästig ich sei, hatte ich auch nicht das geringste Selbstvertrauen, dem zu begegnen...
Dazu kam, dass ich nicht den allergeringsten Kopf dafür hatte zu lernen, und die Lehrer mir deswegen permanent im
Nacken saßen...
Es war einfach die Hölle...
Bis ich meinen damaligen besten Freund kennen lernte, und er mich in den Genuss von Alkohol einwies. Von da an nahm mein Leben eine neue Richtung- permanent war ich am saufen, ständig betrunken, und die Menschen standen drauf. Betrunken hatte ich das Selbstvertrauen, dass mir im nüchternen Zustand abging, und auf einmal wurde ich beliebt, hatte Erfolg bei den Frauen und Respekt bei den Kerlen- auch wenn ich dafür einen hohen Preis zahlte... Noch während meiner Schulzeit war ich hoffnungslos alkoholabhängig, und ich habe mich sogar *während* meinen schriftlichen Abiturprüfungen betrunken... Mir war einfach so alles egal... Das ich trotzdem bestanden habe, lag einfach an dem Ergeiz, meinen Mitschülern, die Tag und Nacht gelernt hatten, meine Verachtung zu beweisen... Ich habe während meiner gesamten Schulzeit ein absolutes Minimum an Aufwand aufgewendet, aber damit vergleichsweise maximale Ergebnisse erzielt... Und mein Abitur zu bestehen, war meine Art zu sagen: Ihr seid ein erbärmlicher Haufen dämlicher Versager, lebt genauso wie andere es von euch erwarten, und kommt damit genauso weit wie ich... Verschwindet aus meinem Schatten...
Nun ja, in der Zeit ergab sich dann der nächste radikale Lebenswandel. Ich, der ich bis dahin nur mit Frauen gespielt hatte, lernte eine Frau kennen, die (auch aus meiner heutigen Perspektive) sich weit von dem Durchschnitt absetzte. Sie war wunderschön, unglaublich reif, extrem emotional, hochintelligent, ehrlich, bedingungslos treu, keusch... Ich war mit dieser Situation völlig überfordert... Dazu kam, dass ihr Hintergrund sich von meinem so sehr unterschied: Sie entstammte der oberen Mittelschicht, ich der Unterschicht. Sie hatte eine behütete Familie, ich einen Haufen Abfall. Sie war gesitig mehr als gesund, ich völlig fertig. Sie hatte ihr Leben voll im Griff, ich war alkoholabhängig und am Leben so dermaßen desinteressiert... Wir hatten niemals eine Chance... Dennoch haben wir uns unglaublich ineinander verliebt, und eine Weile lang durchlebten wir den Himmel auf Erden... Bis sich irgendwann herausstellte, dass die tiefe Liebe, die ich für sie empfand, nur von meiner Seite ausging... Nach knapp zwei Jahren Beziehung schwand ihre Verliebtheit, und ihr wurde klar, dass sie eine Beziehung mit einem "normalen" Menschen führen wollte... Sie hat mich dann fallen gelassen wie eine heiße Kartoffel, und eine Affäre mit einem Kerl begonnen, der eine Freundin hatte, die er nicht für sie verlassen wollte... In dieser Zeit ist meine Seele endgültig zerbrochen... Ich hatte gedacht, ich hätte die Hölle bereits gesehen, doch ich hatte mich geirrt... Ich habe so sehr gelitten, dass ich weinend eingeschlafen und aufgewacht bin... In der Zeit habe ich auch versucht, mich umzubringen, natürlich mit einer Überdosis Alkohol, aber bin gescheitert, bzw. irgendwann zusammengebrochen, und lange Zeit später wieder aufgewacht.... Gott, was habe ich Gott und das Leben in diesem Augenblick verflucht...
Es war aber auch ein Erlebnis, welches mir mein Leben noch einmal vor Augen führte. Mir wurde klar, dass ich noch lange leben würde, dass mir der Tod nicht vergönnt sein würde...
Daher habe ich mich für den Weg entschieden, der mir als der angenehmste erschien: Ich habe mich an der Uni eingeschrieben, mir nach und nach das Saufen abgewöhnt, und versuche seitdem, ein geordnetes Leben zu führen...
Meine Wunden sind wieder ein wenig verheilt, ich habe mich persönlich unglaublich weiterentwickelt, und habe meine Vergangenheit weitgehend hinter mir gelassen... Ich studiere Erziehungswissenschaft im Endstadium, und möchte Menschen helfen, denen es ungerechtfertigt schlecht geht... Ich komme hervorragend mit Menschen allen Alters zurecht, und freue mich darüber- Auch wenn die allermeisten Menschen mich enttäuschen, und ich daher sehr zurückgezogen lebe... Zu meiner Mutter habe ich wieder ein positives Verhältnis aufgebaut, und besuche sie regelmässig... Meinen Vater habe ich aus meinem Leben verstoßen... Ich hoffe mein Studium erfolgreich beenden zu können, werde jedoch gegenwärtig von meiner Vergangenheit eingeholt, und bin mir dessen nicht mehr sicher...
Womit der Anschluss an mein Eingangspost geschaffen wäre... :)
Viele Grüße