Hallo! :-)
Ich würde euch gern mal die Lage von meinem besten Freund schildern, weil ich immer mitbekomme, wie schlecht es ihm geht und mich das selbst total deprimiert. :-(
Er hat in seiner Heimat angefangen Medizin zu studieren. Vor 17 Jahren kam er nach Deutschland. Nach einigen Sprachkursen hat er in Deutschland dann irgendwann begonnen, sein Studium wiederaufzunehmen, er musste einige Kurse erneut machen, die hier nicht anerkannt wurden. Seit ungefähr 4 Jahren ist er nun fertig mit allen Kursen und ihm fehlt nur noch das Staatsexamen.
In der ganzen Zeit ging es ihm oft sehr schlecht. Er meinte, er fühlte sich häufig gedemütigt von den Ausländerbehörden, er ließ sich auch nicht alles gefallen von denen, was alles noch etwas komplizierter gemacht hat. Außerdem musste er nebenbei immer arbeiten für einen geringen Lohn, weil er ja keine abgeschlossene Ausbildung hat, sondern immer noch nur Student ist. Seine Anträge auf Hilfsleistungen wurden oft anscheinend ignoriert und nicht mal beantwortet. Mit seiner Wohnung hat er auch Probleme wegen der Finanzierung und immer Angst, rausgeworfen zu werden und dann keine neue mehr zu finden. Er hat nach 17 Jahren in Deutschland immer noch nicht die unbefristete Aufenthaltungsgenehmigung. Wenn er allerdings Arzt wird, würde er sie mit seinem Gehalt sicherlich endlich bekommen.
Er stellt sich immer so dar, als lebt er auf unterstem Niveau und als würde er keine Perspektive sehen. Dabei ist er doch so nah dran an dem Traumjob Arzt. Die meisten werden ja nicht mal zugelassen fürs Medizinstudium. Ihm fehlt nur noch diese einzige Abschlussprüfung.
Ich weiß nie, was ich dazu sagen soll, wenn er wieder davon spricht, wie schlecht es ihm geht, dass er so große finanzielle Sorgen hat, dass ihm die Behörden wieder nicht geantwortet haben usw.
Einerseits tut es mir unheimlich leid, wenn es ihm so schlecht geht, andererseits frag ich mich auch, warum er sich nicht schon längst beeilt hat und das Examen endlich durchgezogen hat, um aus dieser Misere herauszukommen. Können einen diese ganzen Probleme wirklich so runterziehen, dass man es nicht schafft, das zu machen, was man eigentlich machen muss?
Das Examen ist anscheinend ziemlich schwer. Viele Fragen kommen dran, die oft nicht mal Fachärzte richtig zu beantworten wissen. Allerdings wird es ja immer schwerer, je länger er damit wartet und raus aus dem Stoff ist.
Er lenkt sich auch leider oft mit Dingen ab, für die er eigentlich keine Zeit hat, z.B. ist er gleichzeitig noch für ein Zweitstudium eingeschrieben, in dem er aus Interesse häufig Kurse besucht, aber da auch noch lange keinen Abschluss hat. Er lebt nach dem Motto, lieber fürs Leben lernen als für Scheine. Aber gerade in seiner Situation muss man doch der Pflicht mit dem Examen Vorrang geben, wenn er so ein schlechtes Leben hat. Außerdem organisiert er manchmal Veranstaltungen oder schreibt Zeitungsartikel oder Texte für Freunde. Dafür bekommt er manchmal etwas Geld, aber die Veranstaltungen organisiert er freiwillig/aus Interesse. Das nimmt alles viel Zeit in Anspruch und ich frag mich, warum er nicht einfach mal ein paar Monate lang das Lernen knallhart durchziehen kann.
Was meint ihr dazu? Könnt ihr das Verhalten meines besten Freundes verstehen? Ist das einfach Unvernunft oder ist das einfach extreme Antriebslosigkeit, die durch seine Lebensumstände verursacht wurde und für die er nichts kann?
Immerhin leide ich auch ständig darunter, wenn ich sein Leiden und seine Aussichtslosigkeit immer mitbekomme, andererseits denke ich mir, dass er doch so nah dran ist an einem der besten Jobs.
danke :-)
flamingina