Das tut gut!
Also ersteinmal Danke für eure mitfühlenden und anregenden Antworten. Es ist schwierig mit der Situation umzugehen, denn ich bin nicht jemand, der leicht über Gefühle/Probleme redet. Hierfür brauche ich eine entspannte Atmosphäre, einen freien Kopf und VIEL Zeit. Schreiben ist da deutlich einfacher...
:arrow: Zuersteinmal zum Thema Therapie:
Ich habe vor 3 1/2 Jahren eine Therapie begonnen. Für 2 1/2 Jahre bin ich zumeist zwei mal wöchentlich zu meiner Therapeutin gegangen. Der Grund war damals allerdings absolut nicht der sexuelle Missbrauch, sondern andere Kindheitstraumata, die mich zu dieser Zeit sehr belasteten. Ich litt unter großen Gefühlsschwankungen, konnte manchmal ohne vorher irgendwelche "Vorboten" wahrzunehmen von einer Sekunde zur nächsten im wahrsten Sinne des Wortes explodieren.
Bis ich den Schritt tat eine Therapie zu beginnen, hatte ich versucht das Erlebte zu verdrängen. Bis zu einem bestimmten Alter auch mit Erfolg, aber irgendwann wollte das einfach so gar nicht mehr klappen ;)
Ich ging damals zu einer Psychoanalytikerin, wobei sie bei mir aber keine richtige Psychoanalyse anwendetet, sondern irgendetwas zwischen den "Disziplinen". Einmal vorneweg: die Therapie hat mir sehr geholfen. Meine Therapeutin war im Großen und Ganzen sehr passiv. Zu 90% oder mehr war ich diejenige, die sich einfach Stunde um Stunde alles von der Seele geredet hat. Manchmal hakte sie kurz ein um micht auf etwas Gesagtes hinzuweisen, was womöglich größere Bedeutung hat. Oder sie erwähnte auf zwei verschiedene meiner Aussagen, die sich wiedersprachen,... Ich hatte aber nie das Gefühl, dass sie mir in irgendeiner Form Anleitungen gab oder versuchte mir irgendeine Richtung zu weisen. Das war sehr angenehm für mich. Im Laufe der Zeit wurde es auch leichter meine "Anfälle" zu regulieren bzw. frühzeitig zu erkennen, wenn sich einer dieser anbahnte.
Ich redete über alles, was mir in den Sinn kam. Irgendwann kamen wir darauf zu sprechen, dass ich mit 20 Jahren vergewaltigt wurde. Mir und ihr fiel damals nur auf, dass ich darüber ohne jegliche Gefühlsregung sprach und mir Gefühle wie Angst, Wut, Trauer,... nicht zugänglich waren.
Nach dieser Sitzung waren wieder andere Themen" aktuell und der sexuelle Missbrauch kam lange Zeit nicht zur Sprache. Bis wir eines Tages gezielt über eine Person sprachen, an die ich lange Zeit nicht gedacht hatte. Plötzlich konnte ich kein Wort mehr sagen, ich saß nur da und Bilder kamen in mir hoch die mich total überwältigten: Ich bin als Kind vergewaltigt worden und habe all die Jahre nichts davon gewusst, mich nicht mehr daran erinnert.
Das war absolut schockierend. Meine Therapeutin hörte weiterhin "nur" zu. Sagte hier und da ein mitfühlendes Wort, gab mir manchmal Minuten lang Zeit, bis ich wieder reden konnte,...
Das beeindruckende war, dass ich die Therapie ca. 3 Monate vor diesem Ereignis abbrechen wollte. Ich sprach mit ihr darüber und gab als Begründung, "dass es mir so gut ging und ich keine Unterstützung mehr brauchte".
Sie sagte damals nur, dass ich das allein entscheiden müsse, sie aber glaube, dass das ein guter Moment sei um mich mit anderen Dingen zu beschäftigen, die bisher in der Dringlichkeit nur soweit oben gestanden hatten. Wusste sie schon, dass da noch etwas "Großes" auf uns wartete? Jedenfalls war der Missbrauch und die nur lückenhafte Erinnerung daran für weitere viele Monate ein Thema für uns und nach letzendlich 2 1/2 Jahren haben wir beschlossen uns nunmehr nur noch alle paar Monate einmal zu sehen.
Das schwierige für mich ist, dass die Person, die mir das angetan hat mittlerweile verstorben ist. Ich kann also weder Antworten finden, noch vor Gericht gehen,...
:arrow: Nun weiter an rose:
Es stimmt, dass es mir absolut schwer fällt NEIN zu sagen. Ich muss allerdings auch dazu sagen, dass es mir absolut schwer fällt überhaupt wahrzunehmen, ob ich Lust verspüre. Dazu muss ich ganz tief in mich hinein hören und mich sehr darauf konzentrieren, was mein Körper zu mir spricht.
Es würde mir auch nie passieren, dass ich einfach so, mitten am Tag ein sozusagen "unbändiges Verlangen" verspüre. Das Gefühl kenne ich schon, aber erst dann, wenn ich meinem Freund sowieso schon nahe bin, wir uns in den Armen halten, uns küssen,...
Es ist also manchmal schwer zu wissen, ob die Lust überhaupt da ist. Ich muss sie quasi "ausgraben" und kann dann nicht sagen, ob sie schon vorher da war oder ob sie nur da ist, weil ich sie aus ihrem Versteck "geprügelt" habe...
Jedenfalls bin ich meinem Freund absolut dankbar für all seine Geduld. Fühle mich manchmal schuldig, dass er es so schwer hat obwohl ich weiß, dass ich ja auch nichts dafür kann. Ich hoffe nur, dass wir das alles auch weiterhin auf die Reihe bekommen. Für ihn ist Sex ein sehr wichtiges Thema über das er auch gerne redet. Er freut sich zum Beispiel sehr, wenn ich ihm sage, dass ich mich selbst befriedigt habe. Obwohl ich gerne mit ihm schlafe wiegt das Thema manchmal so schwer, dass ich mir wünschte soetwas gäbe es gar nicht. Kommt aber zum Glück nur sehr selten in meinen verzweifelten Phasen vor :)
So, jetzt erlös ich euch mal wieder und freue mich darauf noch viele viele Antworten zu bekommen...
P.S.: das Buch werde ich mir gleich bestellen, allerdings in der englischen Originalausgabe